Letter to the Minister of Foreign Affairs of Austria

Dear Foreign Minister Alexander Schallenberg,

We are writing on behalf of a global network of national grassroots campaigning organizations from 19 countries with over 20 million supporters worldwide and a track record full of people-powered victories. We urge you to put the most severe sanctions on President Putin, his parliamentarians and military leadership in response to their invasion and upheaval of Ukraine.

In light of the true danger all of our societies are facing, Putin and his supporters must carry very high costs for the invasion of Ukraine. We believe that small steps are no longer the solution and will not protect the people of Europe and the world from war. Only the harshest sanctions against those responsible can bring the hope of de-escalation and peace.

We urge you to especially take sanctions which will target Putin and the oligarchs responsible for the invasion while remaining in solidarity with the Russian civil society. The certification of the Nord Stream 2 pipeline should be decisively stopped and urgent plans be made to invest in renewable energies. SWIFT accounts of Putin’s friends, allies and their business interests must be terminated. Finances and services must be cut off to all key individuals (and their families) who stand behind Russia’s decision to invade Ukraine. Other export control measures must also be put in place in order to discontinue Russia’s leadership’s ability to import key goods.

We have just witnessed a failure of diplomacy. If you do not seriously approach sanctions and put Peace as the primary interest of our nations, the future of Europe and the world is at risk.

Karolina Skowron, Executive Director of Akcja Demokracja, Poland
Raluca Ganea, Executive Director of Zazim, Israel
Andreas Freimüller, Executive Director of Campax, Switzerland
Robin Zachari, Executive Director of Skiftet, Sweden
Mate Varga, Executive Director of aHang, Hungary
Tudor Bradatan, Executive Director of Declic, Romania
Maria Mayrhofer, Executive Director of #aufstehn, Austria
Matthew McGregor, Executive Director of 38 Degrees, United Kingdom
Audrey Landon, Executive Director of ~ le mouvement, France
Felix Kolb, Executive Director of Campact, Germany
Jurjen van den Bergh, Executive Director of DeGoedeZaak, The Netherlands


Sehr geehrter Herr Außenminister Alexander Schallenberg,

wir schreiben Ihnen im Namen eines globalen Netzwerks zivilgesellschaftlicher Kampagnenorganisationen aus 19 Ländern mit über 20 Millionen Unterstützer_innen weltweit, die immer wieder durch die Kraft der Vielen für Veränderung sorgten. Wir fordern Sie eindringlich dazu auf, Präsident Putin, seine Parlamentarier_innen und seine militärische Führung als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine mit den strengsten Sanktionen zu belegen.

Angesichts der unmittelbaren Gefahr, der wir alle ausgesetzt sind, sollten Putin und seine Unterstützer_innen für den Einmarsch in die Ukraine jetzt einen hohen Preis zahlen. Wir glauben, dass kleine Schritte nicht mehr ausreichen, um die Menschen in Europa und dem Rest der Welt vor einem Krieg zu schützen. Umfassende Sanktionen gegen die Verantwortlichen könnten jetzt noch die Hoffnung auf Deeskalation und Frieden bringen.

Wir fordern Sie auf, Sanktionen zu ergreifen, die sich insbesondere gegen Putin und die für die Invasion verantwortlichen Oligarchen richten, und sich gleichzeitig mit der russischen Zivilgesellschaft zu solidarisieren. Die Zertifizierung der Nord Stream 2-Pipeline sollte entschieden gestoppt und dringend Investitionen in erneuerbare Energien geplant werden. Die SWIFT-Konten von Putins Freund_innen und Verbündeten müssen aufgelöst werden. Allen Verantwortlichen, die hinter der Entscheidung Russlands stehen, in die Ukraine einzumarschieren, muss der Zugang zu Finanzen und Dienstleistungen verwehrt werden. Es müssen auch andere Exportkontrollmaßnahmen ergriffen werden, um der russischen Führung die Möglichkeit zu nehmen, kritische Güter einzuführen.

Wir haben gerade ein Versagen der Diplomatie erlebt. Wenn Sie die Sanktionen nicht ernsthaft angehen und den Frieden als das vorrangige Interesse unserer Nationen betrachten, ist die Zukunft Europas und der Welt gefährdet.

Karolina Skowron, Geschäftsführerin von Akcja Demokracja, Polen
Raluca Ganea, Geschäftsführerin von Zazim, Israel
Andreas Freimüller, Geschäftsführer von Campax, Schweiz
Robin Zachari, Geschäftsführer von Skiftet, Schweden
Mate Varga, Geschäftsführer von aHang, Ungarn
Tudor Bradatan, Geschäftsführer von Declic, Rumänien
Maria Mayrhofer, Geschäftsführerin von #aufstehn, Österreich
Matthew McGregor, Geschäftsführer von 38 Degrees, Vereinigtes Königreich
Audrey Landon, Geschäftsführerin von ~ le mouvement, Frankreich
Felix Kolb, Geschäftsführer von Campact, Deutschland
Jurjen van den Bergh, Geschäftsführer von DeGoedeZaak, Niederlande

Wie wir zur Absetzung von Tauschitz beigetragen haben

Wir sind gemeinsam gegen Rechtsextremismus aufgestanden und haben gezeigt, dass der im Februar bestellte Chef des Kärntner Verfassungsschutzes Tauschitz untragbar ist. Was dieser Teilerfolg bedeutet und wie es jetzt weitergeht, könnt ihr hier nachlesen.

Tauschitz: Vom Ulrichsbergtreffen zum Verfassungsschutz

Jedes Jahr treffen sich Neonazis und Rechtsextreme aus Österreich und ganz Europa am Ulrichsberg in Kärnten zum sogenannten Ulrichsbergtreffen. Dabei huldigen sie der SS, jener verbrecherischen Organisation, die für die Ermordung von Millionen Juden und Jüdinnen, Sinti_zze und Rom_nja mitverantwortlich war. So auch der ehemalige Landeshauptmann Jörg Haider, der 1995 bei dem Treffen die Mitglieder der Waffen-SS als “anständige Menschen mit Charakter” bezeichnete [1]. Eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus, die bis heute bei den jährlichen Treffen anhält. Und: Eine rechtsextreme Gefahr, weshalb das Ulrichsbergtreffen und dessen Teilnehmende vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Umso brisanter war die Ernennung von Stefan Tauschitz zum neuen Chef des Kärntner Amtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Anfang Februar: Denn Tauschitz selbst ist bereits zweimal beim Ulrichsbergtreffen aufgetreten – und hat dort sogar Reden gehalten [2]. Für uns war klar: Jemand, der bei einem rechtsextremen Treffen auftritt, kann die Aufgabe, uns Bürger_innen vor Rechtextremismus und Faschismus zu schützen, nicht glaubwürdig erfüllen.

Wir fordern den Rückzug von Tauschitz

Deshalb forderten wir in einem Eil-Appell den Rückzug von Stefan Tauschitz als Chef des Kärntner Verfassungsschutzes und eine Neubesetzung des Postens durch Innenminister Gerhard Karner. Innerhalb kürzester Zeit haben sich fast 10.000 Menschen dem Appell angeschlossen.

 

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Teilerfolg: Tauschitz abgezogen

Und wir haben es geschafft: Nur wenige Tage nach dem Start unseres Appells wurde Stephan Tauschitz von seinem Amt als Leiter des Kärntner Verfassungsschutzes entbunden. Gemeinsam mit fast 10.000 Menschen aus der #aufstehn-Community und zahlreichen anderen Initiativen haben wir gezeigt, dass jemand wie Tauschitz als Leiter des LVTs völlig untragbar ist.

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Wie es jetzt weitergeht

Allerdings wurde Tauschitz vorerst nur einem anderen Bereich der Landespolizeidirektion Kärnten zugeteilt [3]. Wir schauen genau hin und bleiben weiter dran, sollte Tauschitz wieder zu seinem Posten zurückkehren. Denn: Im Verfassungsschutz hat jegliche Nähe zu Rechtsextremismus und Faschismus nichts zu suchen.

Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir aktiv bleiben. Rechtsextreme Straftaten haben sich in Österreich im letzten Jahr um 18% erhöht. Österreich ist am rechten Auge blind und unterschätzt das Problem seit Jahren. Wir, die Zivilgesellschaft, müssen wachsam bleiben und konsequent gegen Rechtsextremismus aufstehen [4].

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Quellen:
[1] Der Standard, 07.02.2022: Das rechtsextreme Ulrichsbergtreffen: Kultstätte einer „verbrecherischen Organisation“
[2] Der Standard, 06.02.2022: Stephan Tauschitz: Ein Verfassungsschützer mit umstrittenem Vorleben
[3] Der Standard, 11.02.2022: Kärntner Verfassungsschutzchef Tauschitz muss nach Protesten Posten räumen
[4] buzzfeed.at, 04.03.2022: „Österreich ist am rechten Auge blind“: Rechtsextreme Strafen sind 2021 stark angestiegen

Wie wir für saubere Politik #aufstehn

Immer neue Korruptionsverdachtsfälle, Angriffe auf die unabhängige Justiz und schließlich der Rücktritt von Sebastian Kurz infolge der Inseratenaffäre: 2021 war turbulent. Umso wichtiger ist es, dass wir uns gemeinsam gegen Korruption, Machtmissbrauch und Medienmanipulation stark machen. Das ist uns im vergangenen Jahr immer wieder gelungen und auch im kommenden Jahr werden wir für saubere Politik aufstehn. Hier erzählen wir euch, wie wir uns zusammen für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat einsetzen.

Wie wir unseren Rechtsstaat geschützt haben

Schon Anfang 2021 gab es die ersten Korruptionsverdachtsfälle gegen ranghohe Regierungsmitglieder der ÖVP. Gleichzeitig häuften sich die Angriffe der ÖVP auf die Justiz und den Rechtsstaat. Schließlich sollte sogar ein Gesetz verabschiedet werden, das Hausdurchsuchungen bei Politiker_innen unmöglich gemacht hätte. Doch da hatten sie die Rechnung ohne die #aufstehn-Community gemacht. Im April übergaben wir Justizministerin Alma Zadić eine Petition mit über 26.000 Unterschriften, die von engagierten Menschen auf unserer Plattform mein #aufstehn gestartet wurde: “Hände Weg vom Rechtsstaat”. Mit einem symbolischen Osterputz-Flashmob forderten wir vorm Bundeskanzleramt saubere Politik ein. Letztlich konnten wir mit 8.000 Stellungnahmen im parlamentarischen Begutachtungsprozess die Einschränkung von Hausdurchsuchungen bei Politiker_innen verhindern und den sogenannten “Vertuschungsparagrafen” stoppen.

Nach der Inseratenaffäre: Unser Einsatz ist wichtiger denn je

Im Herbst platzte dann die politische “Bombe”: Die Inseratenaffäre rund um Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine engsten Vertrauten hat gezeigt, wie sehr Korruption, Medienmanipulation und Machtmissbrauch in unserem Land verwurzelt sind. Das ist gefährlich und schädlich für unsere Demokratie. Wir müssen uns darauf verlassen können – gerade in einer Pandemie –,  dass unsere Politiker_innen zuallererst unser Wohl im Sinne haben, nicht nur ihr eigenes Vorankommen. Und deshalb brauchen wir klare Maßnahmen, um Fehlverhalten von Politiker_innen künftig zu verhindern. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem “Rechtsstaat- und Antikorruptionsvolksbegehren”, der Initiative “Saubere Hände” und anderen eine breite Allianz geschmiedet.

  • (c) Mitja Kobal/Greenpeace
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Als unmittelbare Reaktion auf das Bekanntwerden der Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundeskanzler und seine Vertrauten forderte unsere Geschäftsführerin Maria Mayrhofer als eine der Sprecher_innen von “Saubere Hände” alle fünf Parteien im Nationalrat auf, sich schriftlich dem Kampf gegen Korruption und für eine saubere Politik zu verpflichten. Unsere Pressekonferenz und unsere Aktion mit einem 4 Meter großen Besen sorgten für große mediale Aufmerksamkeit. Auch “Wir Staatskünstler” unterstützten uns dabei:

 

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Anlässlich des Antikorruptionstags am 9.12. forderten wir von #aufstehn gemeinsam mit dem “Rechtsstaat- und Antikorruptionsvolksbegehren” und anderen Organisationen in einem öffentlichen Appell alle Politiker_innen auf, für die nächsten drei Jahre Maßnahmen gegen Korruption und Machtmissbrauch ganz oben auf ihre Agenda zu schreiben. Die Maßnahmen, die dringend umgesetzt werden müssen, hat das Rechtsstaats- und Antikorruptionsvolksbegehren bereits ausgearbeitet. Jetzt liegt es an den Politiker_innen, sie endlich umzusetzen! Und wir werden ihnen dabei auf die Finger schauen.

  • Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren/APA-Fotoservice/Juhasz Fotograf/in: Krisztian Juhasz
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Schluss mit der Inseratenkorruption!

Ein Thema, das uns besonders wichtig ist, ist die Unabhängigkeit der Medien. Es kann nicht sein, dass Politiker_innen versuchen, sich mit Steuergeld in Form von Inseraten positive Berichterstattung oder sogar gefälschte Umfragen zu kaufen. Wir brauchen starke, unabhängige Medien und ein Ende der Einflussnahme durch die Politik. Deshalb fordern wir eine neue Medienförderung, mehr Transparenz und ein Ende der Inseratenkorruption.

Du hast den Appell bereits unterzeichnet? Teile ihn jetzt mit 3 Freund_innen!

2022 als Antikorruptionsjahr

Der Grundstein für 2022 ist gelegt – zumindest auf unserer Seite: So eine breite Allianz gegen Korruption und Machtmissbrauch hat es in Österreich noch nie gegeben. Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass 2022 als “Antikorruptionsjahr” in die Geschichte Österreichs eingehen wird und unsere Politiker_innen endlich Maßnahmen für eine saubere Politik ergreifen. Bist du dabei?

 

Hör-Tipps zum Thema – aus unserem Podcast “#aufstehn laut”:

Mit dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer haben wir im Frühling über den Rechtsstaat gesprochen und wie wir die unabhängige Justiz schützen können:

Folge 13: Der Rechtsstaat unter Beschuss

Mit der ehemaligen WKStA-Staatsanwältin Christina Jilek haben wir über ihre Arbeit gegen Korruption gesprochen:

Folge 18: Bestechung, Korruption und Medienkauf

Mit Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, haben wir über die Inseratenaffäre rund um Sebastian Kurz gesprochen und was es für unabhängigen Journalismus braucht:

Folge 19: Schluss mit der Inseratenkorruption!

Wir nehmen die Ausreden der Bundesregierung #UnterDieLupe

5 Ausreden der Bundesregierung zum Schutz von Afghan_innen in Not und wie du kontern kannst

Innerhalb weniger Wochen haben über 35.000 Menschen unseren Appell an die Bundesregierung “Afghanistan: Schutz für Menschen in Not!unterzeichnet. Gemeinsam fordern wir: “Österreich muss gefährdete Personen aus Afghanistan aufnehmen und sich an internationalen Resettlement-Programmen beteiligen!”. Wir haben bei den zuständigen Minister_innen der Regierung um einen Termin gebeten, um ihnen die Forderungen im Namen der Unterstützer_innen zu übergeben. Doch anstatt Terminvorschlägen erhielten wir aus dem Bundeskanzleramt (BKA) und dem Innenministerium (BMI) eine Stellungnahme – mit genau denselben Argumenten, die Kurz, Nehammer und Co in den letzten Wochen schon äußerten. Wir kennen sie vielleicht auch aus Gesprächen im Bekanntenkreis. Einer Überprüfung halten sie allerdings nicht stand – wir haben sie für euch unter die Lupe genommen:

Ausrede Nr. 1: “Wir haben schon so viel getan”

 

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“Österreich hat bisher wesentlich mehr getan als viele andere Staaten zusammen”: Das teilt uns das BMI mit. Wir sagen: Hilfeleistung, zu der wir laut Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet sind, ist kein Wettbewerb! Es hat mit der Verantwortung zu tun, anderen zu helfen. Hilfeleistung sollte nicht von anderen Staaten abhängig gemacht werden: Wenn ich sehe, wie jemand ertrinkt, sage ich auch nicht „aber die anderen helfen auch nicht“ – nein, ich springe ins Wasser und helfe. Erst recht, wenn niemand anderes etwas tut.

Die Realität österreichischer Hilfeleistung sieht allerdings anders aus. Im internationalen Vergleich ist sie spärlich: Laut OECD war Österreich 2020 bei der Entwicklungshilfe bei nur 0,29% des Bruttonationaleinkommens und somit nicht einmal annähernd an den vereinbarten 0,7% [1]. Umso dreister ist es, dass sich Kurz und Co mit dieser Zahl sehr stark in den Medien rühmen.

Das Innenministerium schreibt, “dass Österreich zu den am stärksten belasteten Ländern der Europäischen Union zählt.” Es wird so getan, als wäre Hilfeleistung eine Belastung. Wirklich belastet und gefährdet sind allerdings in erster Linie Menschen, die gerade vor einem Terror-Regime fliehen.

Ausrede Nr. 2: “2015 darf sich nicht wiederholen”

Das BKA stellt klar, dass sich die Ereignisse von 2015 nicht wiederholen dürfen. Wir sind auch der Meinung. Es sollte kein Mensch flüchten müssen. Wir sind stolz darauf, 2015 geholfen zu haben und werden es wieder tun. Was sich nicht wiederholen darf, ist das Versagen der Politik, auf Krisen adäquat zu reagieren und Schutzsuchenden zu helfen.

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Ausrede Nr. 3: “Es leben schon so viele Afghan_innen hier”

“Österreich hat, bezogen auf die Einwohnerzahl, weltweit die viertgrößte afghanische Gemeinschaft, innerhalb der europäischen Union die zweitgrößte”.

Die vom BMI genannten Zahlen erscheinen zuerst groß. Insgesamt kommt jedoch nur etwa ein halbes Prozent der Menschen in Österreich aus Afghanistan [2]. Mit der klaren Darstellung einer „afghanischen Community“ oder Gemeinschaft schaffen Nehammer und Co bewusst eine Abgrenzung zwischen „denen“ und „uns“ – diese Taktik nennt sich „othering“ und dient dazu, Ängste zu schüren. Allgemein fragen wir uns: Wieso ist diese Zahl ein Argument dagegen, Menschen, die jetzt in Not sind und Schutz suchen, Hilfe zu leisten?

Ausrede Nr 4: “Die integrieren sich nicht”

Ein weiteres Argument des BMI ist:

“Die Erfahrungen von 2015 haben deutlich gezeigt, dass Migration ohne gelungene Integration nicht funktioniert”.

Wir fragen dazu: Wessen Aufgabe ist denn die Integration? Und wessen Aufgabe war sie 2015? Seit 34 Jahren [Anmerkung: ausgenommen Übergangsregierung nach Ibiza-Skandal] ist die ÖVP in der Regierung und für Integration zuständig.

“Trotz intensiver Bemühungen gibt es jedoch noch immer große Schwierigkeiten bei der Integration von vielen, die in Österreich Schutz bekommen haben.”

Das BKA spricht damit Baustellen in der Integration an, die seit Jahren hinreichend bekannt sind – zuständig war und ist die ÖVP. Sie haben bewusst keine Maßnahmen gesetzt bzw. sogar bestehende gestrichen und somit Integration verhindert, wie die Deutschkurse unter Schwarz-Blau 2018 [3].

“In einer Studie des ÖIF zeigt sich beispielsweise, dass 54 Prozent der befragten jugendlichen Afghanen Gewalt als legitimes Mittel zur Wiederherstellung von Ehre und Respekt sehen und 55 Prozent der afghanischen Jugendlichen finden, dass Vorschriften des Islam über den Gesetzen der Republik Österreich stehen.”

Was das BMI nicht erwähnt ist, dass die Studie auch zu dem Ergebnis kam, dass “rund drei Viertel der jungen Afghan/innen davon überzeugt [sind], dass Gewalt grundsätzlich nichts bringt und mehr Probleme verursacht, als sie löst.” [4]

Integration wird von Entscheidungsträger_innen häufig als einseitig angesehen: Personen, die in ein Land kommen, haben sich zu integrieren. Integration ist allerdings ein zweiseitiger Prozess. Auch die Regierung und die Bevölkerung im Aufnahmeland haben ihren Beitrag zu leisten. Besorgniserregend ist dabei die steigende Islamfeindlichkeit in Österreich. Befeuert wird sie durch die rassistische und islamfeindliche öffentliche Debatte, die durch Politiker_innen immer wieder angeheizt wird. Die besagte ÖIF Studie brachte hervor, dass 63% der befragten Afghan_innen Diskriminierung erfahren haben. Als Hauptgrund für die erfahrene Diskriminierung wird die Religion genannt [4].

Abschiebung scheint die einzige Lösung zu sein, die die ÖVP sieht. Das Bundeskanzleramt informiert uns:

“Österreich wird die weiteren Entwicklungen in Afghanistan jedenfalls genau verfolgen und weiterhin darauf drängen, Alternativen auf EU-Ebene zu finden – so hat etwa Innenminister Karl Nehammer beim Sonderrat der EU-Innenminister Abschiebezentren in den Nachbarstaaten von Afghanistan vorgeschlagen.”

Noch vor einem Monat sagte Nehammer: „Wenn Abschiebungen aufgrund der Grenzen, die uns die Europäische Menschenrechtskonvention setzt, nicht mehr möglich sind, müssen Alternativen angedacht werden“ [5]. Jetzt möchte uns Kurz die Abschiebezentren als humanitären Akt verkaufen. Man will sich hier aus der Verantwortung stehlen, echte Hilfe, die eine Zukunftsperspektive für schutzsuchende Menschen aus Afghanistan bietet, sieht anders aus.

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Ausrede Nr. 5: “Hilfe vor Ort”

Das Innenministerium erklärt:

“Doch selbst die Genfer Flüchtlingskonvention sieht vor, dass verfolgten Menschen im nächsten sicheren Land möglichst nahe der Heimat geholfen werden soll.“

In der Genfer Flüchtlingskonvention steht davon allerdings nichts.

“Die Europäische Union muss die Außengrenzen schützen und Schlepper, die aus dem Leid anderer ein Geschäft machen wollen, mit allen Mitteln bekämpfen.”

Das BKA fordert also Außengrenzen zu schützen und Menschenleben nicht? Schlepper bekämpft man am besten, indem man sichere und legale Fluchtwege schafft. Daher fordern wir die Beteiligung an internationalen Resettlement-Programmen!

Zum Abschluss verkündet das BMI:

“Das Gebot der Stunde lautet Hilfe vor Ort, auch um den Menschen den gefährlichen Weg nach Europa zu ersparen …”

Österreichs Hilfe vor Ort war jedoch bisher mangelhaft: Wir erinnern uns an die “Hilfe vor Ort” für Moria, die nie angekommen ist [6]. Die riesigen Flüchtlingslager an den Grenzen zu Konfliktländern sind seit Jahrzehnten überfüllt. Menschen haben dort keine Perspektive auf ein lebenswertes Leben.

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“… und um unser Sozial- und Bildungssystem sowie unsere Gesellschaft als Ganzes nicht zu überfordern.”

Es ist eine Unterstellung, dass wir als Gesellschaft mit der Integration von schutzsuchenden Menschen überfordert wären. Viele von uns engagieren sich und leisten einen wertvollen Beitrag, damit ein gutes Zusammenleben klappt. Geflüchtete können sich ein lebenswertes Leben aufbauen und Teil unserer Gesellschaft werden – vorausgesetzt, man lässt sie und stellt Möglichkeiten zum Ankommen und zur Teilhabe zur Verfügung. Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass Integration gelingen kann. Doch anstatt sie zu fördern schränkt die Bundesregierung die Mittel ein – sie wollen nicht helfen und tun jetzt so, als würden wir nicht helfen wollen.

Wir bleiben laut!

Diese Argumente führen uns die menschenverachtende Politik von Kurz, Nehammer und Co vor Augen. Sie versuchen uns mit fadenscheinigen Rechtfertigungen abzuspeisen, während Afghan_innen verzweifelt versuchen das Land zu verlassen um sich vor dem Schreckensregime der Taliban in Sicherheit zu bringen.

Wir lassen uns von diesen Floskeln nicht davon abhalten, Schutz für Menschen in Not zu fordern!

Was du tun kannst: Diwa Safi arbeitet im Asylbereich, ist in Afghanistan geboren und lebt seit vielen Jahren in Österreich. Mit ihr haben wir in unserem Podcast über die derzeitige Situation in Afghanistan und die aktuelle Flüchtlingspolitik gesprochen und wie wir Menschen aus Afghanistan unterstützen können. Jetzt Folge anhören!

Klicke auf den folgenden Button, um den Podcast-Player von Podigee zu laden:

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Quellen:
[1] moment.at: Hilfe vor Ort: “Österreich ist kein Vorreiter, sondern Schlusslicht”
[2] Der Standard, 07.09.2021: Faktencheck: Wie viel Geld Österreich für Hilfe vor Ort ausgibt
[3] Der Standard, 03.08.2018: Kein Geld mehr vom Bund: Wien halbiert Anzahl der Deutschkurse
[4] integrationsfonds.at: Forschungsbericht | Junge Menschen mit muslimischer Prägung in Wien
[5] Der Standard, 16.08.2021: Nehammer will bei EU-Treffen Abschiebezentren in der Nähe Afghanistans vorschlagen
[6] Der Standard, 27.08.2021: Faktencheck: Was wurde aus Österreichs Hilfe vor Ort auf Lesbos?

Wie wir den Vertuschungsparagrafen entschärft haben

Wir haben es geschafft: Der umstrittene „Razzia-“ oder „Vertuschungsparagraf“ (§112a StPO), mit dem Hausdurchsuchungen bei Politiker_innen unmöglich gemacht werden sollten, wurde entschärft, nachdem über 8.000 von uns Stellungnahmen im parlamentarischen Begutachtungsverfahren abgegeben haben. Ein wichtiger Erfolg für uns alle! Hier erfahrt ihr, wie wir gemeinsam mit vielen engagierten Menschen diesen wichtigen Etappensieg zum Schutz unseres Rechtsstaats und unserer Demokratie erringen konnten.

Nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel, immer neuen verstörenden SMS-Nachrichten aus dem engsten Vertrautenkreis von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Ermittlungen gegen ihn höchstpersönlich holte die ÖVP zum Angriff gegen die Korruptionsermittler_innen aus: Hausdurchsuchungen bei Politiker_innen sollten künftig stark eingeschränkt und nur mehr auf Ankündigung möglich sein. [1]

 

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Vereinfacht gesagt, hätten die Korruptionsermittler_innen (WKStA) um Amtshilfe bei den entsprechenden Behörden ansuchen müssen. Das kommt einer „Vorwarnung“ vor Hausdurchsuchungen gleich. „Da könnten schnell Handys oder Laptops in der Donau verschwinden“, sagte beispielsweise Verfassungsjurist Heinz Mayer. „Effiziente Korruptionsbekämpfung wäre nicht mehr möglich.“ [2]

Vor dem Hintergrund der aktuellen Korruptionsermittlungen hatte dieser Gesetzesentwurf also einen üblen Beigeschmack: Offensichtlich wollte man den Staatsanwaltschaften eine ihrer wichtigsten Instrumente bei den Ermittlungen gegen ranghohe Politiker_innen wegnehmen. Dafür sollte ein neuer Gesetzesvorschlag aus dem ÖVP-geführten Innenministerium sorgen, den man still und heimlich durch das Parlament winken wollte. 

Ein Versuch, Korruptionsverfahren zu untergraben

Doch da hat die ÖVP die Rechnung ohne uns gemacht! Schon in den vergangenen Monaten haben wir uns für den Schutz des Rechtsstaats und für die Unabhängigkeit von Justiz und Medien stark gemacht. Über 27.000 Menschen hatten nach zahlreichen Angriffen auf die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft eine von Expert_innen und engagierten Einzelpersonen gestartete Petition mit der Forderung “Hände weg vom Rechtsstaat” auf mein #aufstehn unterzeichnet, die wir an Justizministerin Alma Zadić überreicht hatten

Als zur selben Zeit die Pläne, Hausdurchsuchungen bei Behörden und Politiker_innen einzuschränken, bekannt wurden, legten wir noch eins drauf: Gemeinsam mit Jurist_innen analysierten wir den Gesetzestext und legten die kritischen Passagen offen. Wir programmierten eine Website, über die man ganz einfach Stellungnahmen im parlamentarischen Begutachtungsprozess einbringen konnte. Über 8.000 Menschen nutzten diese Möglichkeit, Kritik zu üben. [3][4]

 

Damit erregten wir nicht nur öffentliches Interesse in den Medien – auch die Politiker_innen reagierten: Der “Vertuschungsparagraf” wurde entschärft.

Wir haben den Angriff auf unseren Rechtsstaat abgewendet

Die vorgesehene Zurückdrängung von Hausdurchsuchungen in Behörden und bei Politiker_innen zugunsten von Amtshilfeersuchen („Vorwarnung“ von Behörden) ist vom Tisch. Die Neuregelung für Hausdurchsuchungen wurde auf Geheimdienst- und ausländische Unterlagen beschränkt. Damit bleibt gewährleistet, dass die Staatsanwaltschaft weiterhin auch bei Behörden, BeamtInnen und PolitikerInnen unangekündigt Hausdurchsuchungen durchführen kann. Das ist für Korruptionsermittlungen extrem wichtig.

 

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Dass der Paragraph entschärft wurde, ist ein Riesenerfolg und ein starkes Zeichen an die Politik: Wir schauen euch genau auf die Finger und wir lassen euch die Angriffe auf unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat nicht durchgehen!

Empfehlung: Podcast!

Falls du dich mehr mit dem Thema „Angriffe auf den Rechtsstaat“ beschäftigen möchtest, können wir dir unsere Podcastfolge Nr. 13 mit dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer wärmstens empfehlen: Hier geht’s zum Podcast. 

 

Quellen:

[1] Der Standard, 29.03.2021: Staatsschutzreform: Bedenken gegen Razzia per Amtshilfe
[2] Krone, 4.04.2021: Gesetzesreform könnte Korruptionsjagd behindern
[3] Der Standard, 14.04.2021: Parlamentarischer Bürgerprotest gegen Razzia-Paragraf
[4] Kurier, 6.05.2021:Hausdurchsuchungen bei Politikern sollen erschwert werden