“Runter mit der Tampon-Steuer”: Appell erfolgreich!

Seit 2017 fordert die #aufstehn Community eine Senkung der sogenannten „Tampon-Steuer“ – jetzt wurden die Stimmen der fast 30.000 Appell-Unterzeichner_innen gehört! Denn mit 1.1.2021 werden Menstruationsprodukte nur noch mit 10% statt 20% Mehrwertsteuer belastet. 

Lange haben wir für die Monatsblutung draufgezahlt: Denn anders als etwa Brot, Zahnbürsten oder Toilettenpapier, wurden Tampons, Binden und co. bislang nicht als Güter des täglichen Gebrauchs anerkannt – und somit gilt ein Steuersatz von 20% auf alle Menstruationsprodukte. Sogar Kaviar, Austern, Bücher, ein Kino- oder Opernbesuch sind weniger besteuert als Menstruationsprodukte. Für uns war also klar: Bluten darf kein Luxus sein! Also starteten wir 2017 einen Appell an den damaligen Finanzminister und forderten die Senkung der “Tampon-Steuer”. 

 

 

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Monatsblutung: Ein Tabubruch

Maria Mayrhofer, Geschäftsführerin von #aufstehn, erzählt: “Unser Appell hat uns anfangs viel Häme und Kritik beschert, weil das Thema Monatsblutung immer noch weitgehend ein Tabu in der Öffentlichkeit war. Aber das mediale Interesse an dieser diskriminierenden Steuerbelastung von Frauen war groß und wir wussten, wenn wir unsere Kräfte bündeln, schaffen wir das.” [1]

Immer mehr Länder beschlossen Steuersenkungen oder sogar Steuerfreiheit für Tampons und co. [2]. Auch im österreichischen Nationalrat wurden Anträge zur Senkung der Tampon-Steuer eingebracht – unter Türkis-Blau blieben sie allerdings erfolglos. Um für noch mehr Aufmerksamkeit zu sorgen, holten wir uns noch prominente Unterstützter_innen an Bord, wie etwa die Musikerinnen Sigrid Horn, Kerosin95 und Mira Lu Kovacs – und statteten dem Finanzministerium gemeinsam mit weiteren Organisationen einen kleinen Besuch ab.

 

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Stimmen von 30.000 Appell-Unterstützer_innen gehört!

Das dürfte bei den Entscheidungsträger_innen Wirkung gezeigt haben: Die Senkung der Tampon-Steuer wurde im türkis-grünen Koalitionsvertrag verankert und schlussendlich am 10.12.2020 im Nationalrat beschlossen!

Und was jetzt?

Mit der Steuersenkung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung getan: Denn besonders für ökonomisch schlechter Gestellte sind Menstruationsprodukte eine enorme finanzielle Belastung. Im Schnitt geben wir im Leben mindestens 2.500€ für Tampons und Co aus, davon flossen bislang 500€ Steuer direkt ans Finanzministerium (von dem Steuergeld könnten wir uns also schon einen Laptop leisten).

Aber das ist noch nicht alles, Stichwort: „Periodenarmut“. Studien aus dem Vereinigten Königreich kamen zu dem Schluss, dass sich ein Viertel der Menstruierenden Binden und co. nicht leisten können – und deshalb sogar dem Schulunterricht fernbleiben. [3] Auch in den Niederlanden kann jede Zehnte sich die Produkte nicht leisten, was gesundheitliche Folgen nach sich zieht . [4] Schottland hat das Problem als erstes Land der Welt angepackt und beschlossen, dass Menstruationsprodukte in allen öffentlichen Einrichtungen gratis zur Verfügung gestellt werden müssen. [5] In Österreich gibt es bislang keine Studie zur Periodenarmut – doch in ersten Hochschuleinrichtungen liegen Tampons und Binden gratis auf. [6]

Schottlands Vorstoß könnten wir uns auch für Österreich vorstellen – neben Schüler_innen oder Studierenden könnten so auch Obdachlosen die notwendigen Menstruationsprodukte zur Verfügung gestellt werden. Wir werden also dranbleiben!”, sagt Philine Dressler, #aufstehn-Campaignerin.

 

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Quellen:
[1] ARD-Wien.at, 30.03.2017: Tamponsteuer – ARD Wien
jetzt.de: „Von der Summe könnte man sich einen Laptop kaufen“
[2] de.statista.com, 29.05.2019: Infografik: So hoch ist die „Tamponsteuer“ weltweit
[3] jetzt.de: Periodenarmut ist auch in Europa ein Problem
[4] wienerin.at: Jede zehnte Frau in den Niederlanden hat nicht genug Geld für Tampons | Wienerin
[5] ORF.at, 25.11.2020: Schottland als Vorreiter: Tampons und Binden bald gratis
[6] Der Standard, 09.03.2020: In der Regel arm: Wie Schulen und Unis gegen Periodenarmut vorgehen

So schreiben wir den Plan aus der Krise gemeinsam!

Langsam kehrt der Alltag nach Corona wieder ein. Die Welt dreht sich weiter – aber in welche Richtung? Wir wollen den Weg aus der Krise aktiv mitgestalten und sicherstellen, das unsere Stimmen gehört werden. Denn wie es weitergeht – mit unserer Demokratie, unserer Gesellschaft, der Wirtschaft und dem Schutz unseres Planeten – betrifft uns alle. Deshalb haben wir die erste österreichweite Online-Bürger_innenkonferenz organisiert und mit Expert_innen diese wichtigen Fragen diskutiert.

Erste österreichweite Online-Bürger_innenkonferenz

Am 10. Juni haben wir unter dem Motto “Wir schreiben den Plan aus der Krise gemeinsam!” die erste österreichweite Online-Bürger_innenkonferenz organisiert. Über 350 Teilnehmer_innen aus ganz Österreich diskutierten mit drei ExpertInnen darüber, wie ein fairer, klimagerechter Wiederaufbau nach Corona aussehen muss. Von der Landwirtin aus Vorarlberg bis zum Wiener Lehrling haben rund 1.000 Menschen vorab Fragen geschickt, die live besprochen wurden. Barbara Blaha (Leiterin Momentum Institut), Oliver Scheiber (Jurist, Vorstand Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie) und Anna Lindorfer (Klimaaktivistin Fridays for Future) haben die Fragen der #aufstehn-Unterstützer_innen beantwortet. Die wichtigsten Antworten der Expert_innen sind hier zusammengefasst: 

“Brauchen gerechtes Steuersystem und faire Verteilung der Krisenkosten”

Barbara Baha (Leiterin des Momentum Instituts) betonte: Die Krise trifft nicht alle gleich. Auf der einen Seite haben wir so viele Arbeitslose wie noch nie in Österreich und auf der anderen Seite Menschen, die ihren Reichtum in der Krise weiter ausbauen konnten. Wir brauchen ein gerechtes Steuersystem und eine faire Verteilung der Krisenkosten. Die Wirtschaft braucht starke öffentliche Impulse, damit wir aus der Krise schnell herauskommen. Wichtig ist auch, dass wir uns anschauen, wer während der letzten Monate die Hauptlast getragen hat und dafür gesorgt hat, dass unser Leben trotz Corona weitergeht: Das sind viele schlecht bezahlte Berufsgruppen mit prekären Arbeitsbedingungen, wie Pfleger_innen oder Supermarktverkäufer_innen, der Großteil von ihnen Frauen. Ihre Arbeit muss neu bewertet werden.

Barbara Blaha, Leiterin des Moment Instituts

“Demokratie und Rechtsstaat müssen menschengerechter werden”

“Gerade jetzt, nachdem Grund- und Freiheitsrechte zugunsten der Corona-Bekämpfung eingeschränkt wurden, müssten Information und Teilhabe wieder gestärkt werden”, hob Oliver Scheiber (Jurist und Vorstand des Instituts für Rechts-  und Kriminalsoziologie) hervor. Das bedeute auch, demokratische Strukturen zukunftsfit zu machen: “Ein Zukunftsthema wird Partizipation sein. In vielen Regionen Österreichs kann bereits ein Drittel der Bevölkerung mangels österreichischer Staatsbürgerschaft am politischen Willensbildungsprozess nicht mehr teilnehmen. Generell soll im Rechts- und Verwaltungsleben die Kommunikation und Behördenkultur menschengerechter werden – also im Sinne eines leichteren Zugangs zum Recht, mit mehr und leicht verständlichen Informationen.”

Oliver Scheiber, Vorstand des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie

“Beim Klimaschutz jetzt große Weichen stellen”

Die Klima-Aktivistin Anna Lindorfer (Fridays for Future) beantwortete Fragen zum Klimaschutz: “Die Corona-Pandemie führte uns vor Augen, dass wir der Natur ausgeliefert sind. Durch die aktuellen Staatshilfen haben wir die einmalige Chance unsere Wirtschaft so umzugestalten, dass wir auch unseren Kindern einen bewohnbaren Planeten überlassen.” Hier nur an an die Verantwortung der Einzelnen zu appellieren, sei nicht genug: “Wenn wir die Klimakatastrophe abwenden wollen, müssen wir die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad reduzieren. Der Beitrag, den ich als Individuum dazu leisten kann, ist wichtig, aber beschränkt. Der Ball liegt bei der Politik, die die großen Weichen stellen und steuern kann, in welche Industrien und welche Energiequellen das Geld aus den Hilfstöpfen fließt.”

Anna Lindorfer, Klima-Aktivistin bei den Fridays for Future

Was wir von der Konferenz noch mitnehmen:

Die Videokonferenz war ein großer Erfolg und zeigt, wie viele Menschen aus der Zivilgesellschaft bereit sind, sich einzubringen, wenn es um unsere Zukunft geht. Wir wollen mitbestimmen! Viele der Forderungen, die wir diskutiert haben, werden wir in den nächsten Monaten lautstark von der Regierung einfordern. Denn wir haben in vielen Bereichen jetzt nach Corona die einmalige Gelegenheit, neue Wege einzuschlagen: Von einer gerechteren Verteilung von Last und Arbeit über mehr Mitbestimmung bis hin zur Rettung unseres Planeten. All das ist möglich, wenn wir unsere Regierenden überzeugen können, mutige Entscheidungen für unsere Zukunft zu treffen. Diese Überzeugungsarbeit werden wir in den nächsten Wochen und Monaten leisten!

 

Weiterführendes: 

#allegleich – Wir waren beim Sozialminister!

Im Pride-Monat Juni drehte sich bei uns (fast) alles um die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes: Menschen, die aufgrund ihrer sexueller Orientierung ausgegrenzt werden, sollen sich rechtlich wehren können. Jetzt waren wir sogar beim Sozialminister, um ihn mit der Forderung zu konfrontieren.

Eine lesbisches Paar, das keine Wohnung bekommt, ein schwuler Mann, der aus dem Taxi geworfen wird – und keine Möglichkeit, sich dagegen rechtlich zu wehren: Österreich ist eines der wenigen europäischen Länder, die keinen umfassenden Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung bieten.

Dabei häufen sich Diskriminierungsfälle: Wer in Österreich offen lesbisch, schwul oder bisexuell lebt erfährt immer wieder Ausgrenzung und Anfeindung. Eine Studie der Europäischen Grundrechteagentur zeigt das volle Ausmaß des Problems auf: 35% der in Österreich Befragten gaben an, im letzten Jahr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung belästigt oder diskriminiert worden zu sein. 7% der Befragten wurden bei der Wohnungssuche diskriminiert, 21% in Bars oder Restaurants – und 39% vermeiden es öffentlich Hände zu halten, aus Angst vor Übergriffen.[1] Seit Jahren fordern Betroffene eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes – denn dieser gilt derzeit nur im Arbeitsleben.

In unserem Appell fordern wir deshalb Frauenministerin Susanne Raab, Sozialminister Rudolf Anschober, sowie Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher auf, den Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung sicherzustellen. [2]

Nachdem unsere Anfrage an die Minister_innen zunächst unbeantwortet blieb, haben hunderte von uns E-Mails an diese geschrieben, um unserer gemeinsamen Forderung Gehör zu verschaffen. Eure Unterstützung und der E-Mail Protest haben Wirkung gezeigt: Am 30. Juni waren wir bei Sozialminister Rudolf Anschober eingeladen, um unseren Appell #allegleich im Namen der über 15.000 Unterzeichner_innen zu übergeben. Im Gespräch mit dem Minister machten wir einmal mehr unsere Forderung nach einem umfassenden Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung klar.

 

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Euer E-Mail-Protest hat Wirkung gezeigt: Heute waren wir bei Sozialminister Rudolf Anschober eingeladen und haben unseren Appell für die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes übergeben. Auf unsere Frage, warum die Grünen letzte Woche einem diesbezüglichen Antrag der SPÖ nicht zugestimmt hätten, hieß es, die Vorlaufzeit habe nicht gereicht, um entsprechende Mehrheiten zu finden. Wir werden weiterhin nicht lockerlassen und haben vom Minister das Versprechen bekommen, dass wir uns im September noch einmal treffen, um das Thema voranzutreiben. Helft mit, bis dahin weiter Druck zu machen 💪🏽🌈 Fotos: Alexander Gotter / #aufstehn . . . #LGBT #LGBTIQ #lgbtiqaplus #queer #Diskriminierung #Diskriminierungsschutz #allegleich #sexuelleOrientierung #Selbstbestimmung #sexuality #Pride #PrideMonth #lgbtqa #community #sexuality #Sexualität #queer #aufstehn #meinaufstehn #lesbisch #schwul #bi #bisexuell #pridemonth2020

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Der Minister sicherte uns seine vollste Unterstützung in der Sache zu – wir wollten es genauer wissen. Denn erst Mitte Juni hatten die Grünen im Nationalrat einen entsprechenden Antrag nicht unterstützt. [3] Auf Nachfrage hieß es, die Vorlaufzeit habe nicht gereicht, um entsprechende Mehrheiten für den Antrag zu finden. Dabei war der Diskriminierungsschutz eine langjährige Forderung der Grünen.

Wir werden jedenfalls nicht locker lassen: Minister Anschober hat uns versprochen, sich für unser Anliegen stark zu machen und uns im September erneut zu treffen, um über konkrete Maßnahmen in Richtung Ausweitung des Disrkiminierungsschutzes zu sprechen.

Bis dahin müssen wir weiter Druck aufbauen, damit auch die ÖVP endlich ihre langjährige Blockadehaltung im Thema aufgibt – damit wir #allegleich behandelt werden, egal wen wir lieben!

(Anmerkung: Von Familienministerin Christine Aschbacher und Frauenministerin Susanne Raab gab es bislang keine Rückmeldung. Wir sind nach wie vor um ein Treffen mit den beiden ebenfalls für die Causa zuständigen Ministerinnen bemüht.)

Hier geht es zum Appell.
Klicke hier, um deine Freund_innen einzuladen, den Appell zu unterzeichnen!

Fotos: Alexander Gotter

Quellen und Links: 

[1] FRA – Fundamental Rights Agency, 14.5.2020: Study: A long way to go for LGBTI equality
[2] Unser Appell „#allegleich: Keine Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung“: aufstehn.at/allegleich
[3] Der Standard, 25.6.2020: Grünes Schredder-Gate und andere Enttäuschungen

#HandHoch – unsere Aktion zum Frauentag

Am 8. März ist Frauentag. Jahr für Jahr wird uns “alles Gute” gewünscht. Doch was wir eigentlich brauchen, ist ein Verständnis dafür, dass eben nicht “alles gut” ist – und den politischen Willen, diese Missstände endlich zu beseitigen. Wir fordern echte Gewaltprävention, Selbstbestimmung, gleiche Entlohnung – unsere Liste ist lang, und ein Tag reicht nicht: Wir stehen 365 Tage im Jahr dafür auf!

Deshalb haben wir gemeinsam die #HandHoch gestreckt mit unseren Forderungen – damit sie niemand ignorieren kann! Danke an alle, die mitgemacht haben.

Hier eine Auswahl an Fotos, die uns zugesendet wurden oder auf Twitter, Instagram und Facebook geteilt wurden:

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Danke für eure Einsendungen per E-Mail:

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20.000 Unterschriften – und der Kampf für Sexualpädagogik geht weiter! #redmadrüber

FPÖ und ÖVP wollen professionelle externe Fachkräfte für sexuelle Bildung an Schulen verbieten. Das Bündnis #redmadrüber fordert die Beibehaltung und den Ausbau einer qualitätsvollen Sexualpädagogik unter Einbindung von Expert_innen und hat deshalb eine Petition auf mein.aufstehn.at gestartet. Paul von #redmadrüber erzählt uns in diesem Blog-Beitrag, was bisher passiert ist. 

Es ist der 03. Juli, 08:30 morgens vor dem Parlament: Nach drei turbulenten Wochen übergeben wir mit gemischten Gefühlen unsere Petition #redmadrüber – Für qualitätsvolle Sexualpädagogik an Österreichs Schulen! an den Parlamentsdirektor Dr. Dossi.

Als Initiator*innen der Petition sind wir einerseits glücklich und ermutigt, weil sich innerhalb kürzester Zeit breiter Widerstand gegen einen skandalösen ÖVP-FPÖ Antrag zum Verbot schulischer Sexualpädagogik formiert hat. Ein Widerstand, der sich nicht nur in den über 20.000 Unterschriften der Petition ausdrückt, sondern auch in der Tatsache, dass wir bei der Übergabe umringt sind von zahlreichen Vertreter*innen solidarischer Organisationen, die mit uns noch einmal lauthals gegen den rückschrittlichen Antrag protestieren. 

Wir sind aber auch frustriert, weil sich bereits abzeichnet, dass die Abgeordneten den Protest der letzten Wochen ignorieren und den Antrag beschließen werden. Eine Vorahnung, die sich spätabends bestätigt, als der Antrag im Parlament beschlossen wird. Der Kampf für eine zeitgemäße Sexualpädagogik wird also weitergehen. Gemeinsam mit vielen Mitstreiter*innen.

Aber was ist da eigentlich geschehen, in diesen heißen Frühsommerwochen?

Dazu nochmal zurück zu der Nachricht, die wie eine Bombe eingeschlagen ist und den Protest auslöste: Am 14. Juni 2019 verkünden Abgeordnete von ÖVP und FPÖ, dass sie einen Antrag beschließen wollen, der es sexualpädagogischen Vereinen verbietet, zukünftig an Schulen tätig zu sein. Sie nutzten dafür das Mittel des „Entschließungsantrags“, das es dem Parlament ermöglicht, per Mehrheitsbeschluss Minister*innen zum Erlassen von Beschlüssen aufzufordern. Im vorliegenden Entschließungsantrag wurde die Bildungsministerin aufgefordert, einen Beschluss zu fassen, wonach Schulen die Zusammenarbeit mit sexualpädagogischen Vereinen zukünftig untersagt wird. Konservative Hardliner*innen von der ÖVP wie Gudrun Kugler und Rudolf Taschner nutzten das parlamentarische „freie Spiel der Kräfte“ nach dem #Ibizagate, um den Antrag gemeinsam mit FPÖ-Mandatar*innen einzubringen. Sie setzen damit einen jahrzehntelangen Kampf der Rechten gegen emanzipatorische Initiativen fort, der sich heute im Feindbild der sexuellen Vielfalt kristallisiert. Offenbar handelte es sich hier aber auch um eine Retourkutsche dafür, dass das katholisch-konservative Sexualpädagogikprojekt TeenSTAR einige Monate zuvor vom Bildungsministerium wegen homophober und anderer bedenklicher Inhalte von Schulen verbannt wurde. Nun nutzten die Parlamentarier*innen die Gunst der Stunde, um im Gegenzug alle sexualpädagogischen Angebote an Schulen zu verbieten und das mittels Entschließungsantrag im Eilverfahren durchzupeitschen. Der Zeitplan war denkbar knapp: Nur zwei Wochen nach der Ankündigung ging der Antrag in den Unterrichtsausschuss und von dort ins Parlament, wo er eine Woche später bereits beschlossen wurde. An besagtem 03.Juli 2019.

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So unglaublich diese konservative Attacke gegen eine zeitgemäße Sexualpädagogik war, so außerordentlich waren die zivilgesellschaftlichen Reaktionen darauf: Ein erstes Statement, das kurz nach der parlamentarischen Ankündigung auf der Seite der Plattform für Sexuelle Bildung veröffentlicht wurde, wurde von rund 100 Expert*innen und Vereinen unterstützt. Und auch in den Tagen danach setzte sich die Solidarisierungswelle fort. Unterschiedlichste Vereine aus pädagogischen und sozialen Feldern veröffentlichten kritische Stellungnahmen und wiesen auf die Probleme hin, die mit einem Verdrängen der professionellen Sexualpädagogik einhergehen. Die Bandbreite der Kritiker*innen reicht mittlerweile von etablierten Einrichtungen wie der Kinder- und Jugendanwaltschaft oder den Österreichischen Kinderschutzzentren bis hin zu den Pfadfinder*innen und der Katholischen Jugend (hier finden sich alle APA-Presseaussendungen). Unter dem Banner #redmadrüber ist es gelungen, ein breites Bündnis gegen diesen Antrag zu schmieden und öffentliche Sichtbarkeit für diese rückschrittliche politische Initiative zu erzeugen.

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Anfang Juli wurde die Kampagnenseite redmadrueber.jetzt eingerichtet, die Stellungnahmen versammelt, ein Medienecho präsentiert und die weiteren Aktionen begleiten wird. Eine zentrale Rolle für den Aufbau von öffentlichem Druck spielte darüber hinaus die Petition  #redmadrüber – Für qualitätsvolle Sexualpädagogik an Österreichs Schulen! Zwei Wochen nach ihrem Start hat sie die Marke von 20.000 Unterschriften überschritten. Die Übergabe an den Parlamentsdirektor sehen wir dabei als Zwischenschritt und die Petition läuft weiter.

Denn: Die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ ignorierten den breiten Widerstand gegen die sachlich nicht begründbare und rückschrittliche Initiative und stimmten für den Antrag, der nun bei der Bildungsministerin liegt. Wir appellieren an die Ministerin, die Kritik von zahlreichen Expert*innen ernst zu nehmen und dem Antrag nicht zu folgen. Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern profitieren von der Zusammenarbeit zwischen der Schule und professionellen sexualpädagogischen Vereinen. Sexualpädagog*innen verfügen über das Wissen, die Erfahrung und die didaktische Kompetenzen, um das komplexe Thema Sexualität umfassend und altersgerecht zu vermitteln. Sexualpädagogik an Schulen zu verbieten, ist ein pädagogischer Rückschritt und entspricht der althergebrachten Haltung von Tabuisierung, Wegschauen und Schweigen, wenn es um Fragen rund um Sexualität geht. 

Wir fordern, dass qualitätsvolle Sexualpädagogik an Österreichs Schulen ausgebaut und nicht zurückgedrängt wird. Die Initiative #redmadrüber wird sich auch in den kommenden Monaten dafür einsetzen, dass der rückschrittliche Antrag nicht umgesetzt wird und es auch weiterhin qualitätsvolle sexualpädagogische Angebote an Österreichischen Schulen gibt.

Du hast die Petition noch nicht unterzeichnet? Hier kannst mitmachen: https://mein.aufstehn.at/p/redmadrueber

Paul hat mehrere Jahre ein sexualpädagogisches Projekt geleitet und ist jetzt an der Universität tätig. Dort befasst er sich aus theoretischer Perspektive mit emanzipatorischer Sexualpädagogik. Bei #redmadrueber setzt er sich dafür ein, dass Sexualpädagogik nicht von konservativen Politiker*innen zurückgedrängt wird.

„Freche Beeren“ gegen die Tamponsteuer

Wir freuen uns weitere KooperationspartnerInnen für unsere Kampagne „Runter mit der Tampon-Steuer“ gefunden zu haben: Die SchülerInnen der 2a der Handelsakademie Baden setzen sich mit ihrem Projekt „Freche Beeren“ für eine Senkung der Steuer auf Monatshygiene-Artikel ein. Auch für sie ist das Thema kein Tabu und gemeinsam fordern wir, dass diese unfaire Besteuerung endlich ein Ende hat!

Hier könnt ihr mehr über ihr Engagement erfahren:

Aufklärungsarbeit
Wir, die „Frechen Beeren“, wollen Menschen aufklären. Fast niemand ist sich darüber bewusst, dass man für Binden und Tampons 20 % Mehrwertsteuer zahlt, obwohl diese keinesfalls Luxusgüter sind, sondern für jede Frau ein notwendiges Muss darstellen.

Bereits in der Vergangenheit gab es Anträge seitens der Grünen diesen Steuersatz auf 10 % zu senken, doch bisher leider ohne Erfolg.

Wir unternehmen Außergewöhnliches, damit die Steuersenkung auch im Nationalrat zum Thema wird! Unsere PartnerInnen sind die Plattform #aufstehn und das Unternehmen „erdbeerwoche“.

Ziele
Unser Ziel ist es, vor allem PolitikerInnen darauf aufmerksam zu machen, da dieses Problem immer wieder unter den Teppich gekehrt wird. Wir machen Fragebögen zu diesem Thema und überprüfen die Akzeptanz. Wir stellen uns auf die Straße und nehmen an Wettbewerben teil. Damit wollen wir möglichst viele Leute auf Frauenthemen aufmerksam machen. Österreich soll nicht das Schlusslicht sein! Starke Mädchen brechen das Tabu!

Andere Länder
In Kanada erhält man diese Artikel bereits steuerfrei und auch in Frankreich hat die Politik reagiert und die Steuern gesenkt. Keine Frau würde Hygieneartikel als Luxusgüter bezeichnen! Sie sind einfach ein Muss.

Ein weiterer Schritt
Um dieses Problem auch irgendwann im Parlament zur Sprache zu bringen, haben wir die Nationalratsabgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli über unsere Idee informiert. Sie war sehr begeistert von unserem Mut, da selten so junge Leute offen über solche Dinge sprechen.

Unterschriften
Unsere Klasse hatte einige gute Ideen, um dieses Thema unter die Leute zu bringen. Eine davon war eine Unterschriftensammlung. Wir haben mittlerweile zirka 400 Unterschriften erhalten. 

Social Media
Um mehr Menschen mit unserem Anliegen zu erreichen, haben einige Schüler und Schülerinnen unserer Klasse Facebook- und Instagramseiten sowie eine Website erstellt. 

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Hier für eine Senkung der Tampon-Steuer unterzeichnen: aufstehn.at/tampontax