Bodenversiegelung statt Grünland. Der REWE Konzern hatte Pläne, eine grüne Wiese für den Bau einer neuen Billa−Filiale in der Hinterbrühl zu opfern. Die Initiator_innen der Petition “Stopp der Bodenversiegelung – keinen sinnlosen Billa auf der grünen Wiese” unserer Plattform “mein #aufstehn” haben mit ihrem unnachgiebigen Einsatz diese Baupläne gestoppt und die grüne Wiese gerettet. Hier erzählen sie uns von ihrem Erfolg.
3 Jahre Einsatz für die Wiese, 2 Jahre bei “mein #aufstehn”, 1 Rückblick
Österreich ist Europameister … beim Flächenverbrauch und auch bei der Verkaufsfläche pro Kopf. Ebenso bei der Filialdichte von Supermärkten spielt unser Land in einer eigenen Liga. Dieses Filialnetz am Laufen zu halten ist teuer, das sagte selbst REWE Österreich Vorstand Marcel Haraszati bei Armin Wolf in der ZiB 2 [1]. Trotz all dem sollte in der Hinterbrühl eine neue Billa-Filiale entstehen. Der Preis dafür: Eine bisher unbebaute Wiese in der Nähe der Burg Liechtenstein. Und das, obwohl es bereits eine Filiale in zentraler Ortslage gibt.
Doch der Reihe nach. 2021 erfuhr der Initiator unserer Bürger_innenitiative Peter Klein, dass die grüne Wiese einem Supermarkt weichen sollte. Daraufhin startete er eine lokale Unterschriftenaktion gegen diese Verbauung, die von 400 Hinterbrühler_innen unterzeichnet wurde. Diese Unterschriftenliste legte Peter Klein der Gemeindevertretung und dem Bürgermeister Erich Moser vor. Mit bescheidenen Reaktionen: „Da kann man nichts machen, der Billa wird gebaut“, hieß es. Doch das konnte und wollte Peter nicht hinnehmen! Er schickte Stellungnahme um Stellungnahme an die Bezirkshauptmannschaft Mödling, den zuständigen Landesrat und sämtliche relevanten Ansprechpartner_innen, auch im REWE-Konzern.

Billa und die Nachhaltigkeit
Immer wieder versucht Billa sich als besonders nachhaltig zu inszenieren: „Wir geben dem Schmetterling seinen Lebensraum zurück, damit Österreich aufblühen kann!“ [3] verkündete Billa 2016 großmundig in einem Werbespot und verbaut dabei selber munter weiter.
Der Fall Hinterbrühl ist ein besonders gutes Beispiel für diese leeren Worte. Die geplante Filiale würde nicht nur die Wiese am Rand des Naherholungsgebietes Föhrenberge im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald zerstören, sie ist auch nicht notwendig für die Versorgung der Gemeinde. Denn im Umkreis von nicht einmal 2 km gibt es bereits drei Billa-Filialen. Zusätzlich wäre ein Einkauf in der geplanten Filiale auf der grünen Wiese eigentlich nur mit dem Auto möglich, da sie weit außerhalb des Ortszentrums Hinterbrühl und auf einer Anhöhe (Wagnerkogel) liegt. Nachhaltigkeit schaut anders aus!
Doch seitens des REWE-Konzerns und der Gemeinde Hinterbrühl war das Verständnis für das Anliegen der Bürger_innen, die sich gegen den Bau einer weiteren Billa-Filiale aussprachen, enden wollend. REWE wollte doch nur eine “grüne” Filiale bauen, leider war dabei eine unbebaute Wiese im Weg.
Der Protest geht weiter
Doch aufgeben war keine Möglichkeit und so starteten wir, Bürger_innen in Hinterbrühl 2022, nach einem Jahr Einsatz, unsere Petition auf “mein #aufstehn”, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Auch die Medien sollten auf diese Sache aufmerksam werden. Bereits am ersten Wochenende knackten wir die Marke von 1.000 Unterschriften! Auch diese Petition wurde der Gemeinde vorgelegt. Diesmal waren die Reaktionen nicht mehr so lethargisch, man wurde ganz offensichtlich doch ein wenig nervös und die Unterschriften wurden immer mehr.
Nun wurden auch die Medien auf die Sache aufmerksam. Immer wieder erschienen Artikel im KURIER und den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) über unsere entschlossenen Bemühungen, den Bau zu verhindern. Die Stellungnahmen der Gemeindevertretung und von REWE wurden jetzt zusehends einsilbiger.
Wir bauten weiter Druck auf REWE auf. Im März 2023 organisierten wir eine gelungene Protestaktion vor der REWE-Zentrale in Wiener Neudorf. Ausgestattet mit Bannern, Megaphon und jeder Menge Idealismus bezogen wir vor dem Gebäude Stellung. Es dauerte nicht lange, bis sich auch tatsächlich zwei REWE-Vertreter einer Diskussion stellten. Einsicht, dass der neue Billa gar nicht so “grün” sei, zeigten sie aber nicht. Sogar in der ORF Sendung “Am Schauplatz” (bei Minute 32:00) wurde über unsere Initiative und die Demo berichtet.
So reagiert REWE
Als letztes “Aufbäumen” von REWE, nach unserer Protestaktion, wurde eine Info-Broschüre an sämtliche Haushalte in der Hinterbrühl verschickt, die die Vorzüge des neuen Marktes für alle verständlich machen sollte. Ungenannt blieben dabei die anfallenden Müllmengen, die zusätzlich in den Kanal einzuleitenden Regenmengen, das geplante Verkehrsaufkommen und der Flächenverbrauch. Bei einer so grünen Filiale muss man das wahrscheinlich ignorieren.
Es muss klar erwähnt werden, dass dieses Bauvorhaben von REWE nur angedacht werden konnte, da die hinterbrühler Gemeindeführung extra für Billa am 20. Juli 2020 eine verhängnisvolle Formulierung in die Bauordnung aufgenommen hatte. Die Verbauung von Grundstücken mit Gebäuden über 300 m2 sollte nämlich nur möglich sein, wenn dies von “öffentlichem Interesse” ist. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff öffnete erst die Büchse der Pandora. Ob das “öffentliche Interesse” gegeben ist, entscheidet die Gemeinde im Einzelfall. Das führt zu weniger Rechtssicherheit und Transparenz. REWE stützte sich bei der Argumentation für den Bau des Billas auf der grünen Wiese genau auf diese Bestimmung.
Die Bezirkshauptmannschaft Mödling erteile REWE auf Grund des Widerstands keine Baubewilligung. Daraufhin begann REWE den Weg durch alle Instanzen, um zu argumentieren, wieso der Verbau der grünen Wiese doch im “öffentlichen Interesse” und damit zu bewilligen sei.
Doch damit blieb Rewe erfolglos. Bereits in erster Instanz wurde das Bauvorhaben aus mehreren Gründen abgelehnt, von fehlender Notwendigkeit bis hin zu mangelnder Eignung des geplanten Standorts. Diese Einschätzung änderte sich auch nicht in den höheren Instanzen. Die Gerichte bestätigen: REWE darf keine neue Billa Filiale auf der grünen Wiese bauen!

Volksbefragung 2023
Parallel zu den Gerichtsverfahren versuchten wir 2023 die Änderung der Bauordnung zu erwirken. Denn so können wir sicher gehen, dass auch in Zukunft Bauvorhaben dieser Art nicht bewilligt werden.
Trotz harten Widerstands aller Gemeindefraktionen und unfairer Formulierungen auf dem Abstimmungszettel, erlangte eine Volksbefragung im April 2023 eine klare Mehrheit. Die Bebauungsbestimmungen mit der verhängnisvollen Formulierung über die Verbauung von Grundstücken mit Gebäuden über 300 m² zu ermöglichen, wenn dies von “öffentlichem Interesse” sei, wird gestrichen!
Rechtsbruch der Gemeinde?
Zuletzt hat der Landesverwaltungsgerichtshof hinter der genannten Bebauungsbestimmung (“öffentliches Interesse”) einen Rechtsbruch vermutet. Die Gemeinde könnte durch diese Veränderung der Baubestimmung außerhalb ihres Aufgabenbereichs gehandelt haben. Aktuell ist der Verfassungsgerichtshof am Wort und überprüft, ob dem auch so sei. Das sollte der Gemeindeführung zu denken geben!
So geht es weiter
Nach insgesamt 3 Jahren Widerstand wird nun doch, wie von uns Bürger_innen immer vorgeschlagen, die bestehende Filiale im Ortszentrum der Hinterbrühl umgebaut und erweitert. Sie wurde inzwischen (mit Monaten Verzögerung) abgerissen und soll im Frühjahr 2025 in neuem Glanz eröffnet werden. Die grüne Wiese ist noch unangetastet und fürs Erste gerettet. Ein wichtiger Etappensieg – vielen Dank an die zahlreichen Unterstützer_innen!
Unser langfristiges Ziel, die Rückwidmung der Wiese in Grünland, haben wir noch nicht erreicht, aber wir bleiben dran!
Mehr Informationen findet Ihr auf unserer Petitionsseite, die bleibt sicher noch bis zur Filialeröffnung aktiv.
Quellen:
[1]: Der Standard, 12.07.2023: Rewe-Chef Haraszti gibt Lieferanten Schuld an hohen Lebensmittelpreisen
[2]: Billa Werbespot, 23.05.2016: Blühendes Österreich (aufgerufen unter: https://www.facebook.com/BILLA/videos/1060462014003553/ am 05.02.2025)
[3]: Screenshot Kurier, 06.10.2022: Kritik in NÖ: Wenn die Nahversorgung zu viel wird
[4]: Screenshot Mein Bezirk, 06.06.2023: Hitziger Kampf um eine „grüne Wiese“