Wie es mit Lueger weitergeht: Die Entscheidung unserer Expert_innenkommission

Seit Jahrzehnten scheiden sich die Geister am Ehrendenkmal für Karl Lueger in der Wiener Innenstadt. Für uns ist klar: Als bekennender Antisemit kann er hier nicht stehen bleiben. Doch bisher ließen politische Lösungen auf sich warten. Wir haben deshalb selbst nach einer Lösung für den Platz und das Denkmal gesucht: Gemeinsam mit sieben Expert_innen aus Architektur, Gesellschaft, Kunst, Kultur und Zeitgeschichte haben wir eine Expert_innenkommission gegründet, die nun klare Empfehlungen an die Stadt Wien präsentiert hat.

 

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5. Mai, 9 Uhr früh, Wiener Innenstadt

Gemeinsam mit Expert_innen haben wir das Ergebnis unserer Kommission zur Zukunft des Dr.-Karl-Lueger-Denkmals bei einer Pressekonferenz präsentiert. Mit dabei auch unzählige Stimmen von engagierten Menschen aus unserer #aufstehn-Community: Im Vorfeld hatten wir nach Gründen gefragt, warum der Platz und das Denkmal umgestaltet werden sollen. Die Antworten haben wir am Mittwoch mitgenommen und vor Ort auf Sesseln rund um das Denkmal platziert. Damit haben wir gezeigt, wie viele von uns gerade genau zusehen, was mit dem Denkmal und dem Platz in der Zukunft passieren wird.

Empfehlungen der Kommission

Gemeinsam mit den beiden Expert_innen Gabu Heindl (Stadtplanerin und Architektin) und Florian Wenninger (Leiter des Instituts für historische Sozialforschung) sowie  Sashi Turkof (Präsidentin der Jüdischen Österreichischen Hochschüler_innen) haben wir bei der Pressekonferenz die sehr konkreten Handlungsempfehlungen der Kommission an die Stadt Wien und den ersten Bezirk vorgestellt. An der Kommission waren außerdem Oliver Rathkolb (Historiker), Elke Krasny (Kuratorin und Stadtforscherin), Mechtild Widrich (Kunsthistorikerin) und Felicita Thun-Hohenstein (Künstlerin) beteiligt.

Die gemeinsamen Empfehlungen der Expert_innen im Detail:

  • Der Dr.-Karl-Lueger-Platz muss umgestaltet und umbenannt werden.
  • Die Statue Luegers muss ihren ehrenden Charakter verlieren und vom Sockel des Denkmals entfernt werden.
  • Stattdessen soll ein ein Raum geschaffen werden, an dem man sich kritisch mit der Vergangenheit sowie Antisemitismus und Rassismus im Heute auseinandersetzen kann.

Der Bericht der Kommission wurde von engagierten Einzelpersonen aus der #aufstehn-Community schwarmfinanziert. Den ganzen Bericht und die detaillierten Einschätzungen der Expert_innen zu dem Thema findest du hier.

Das Medieninteresse war enorm

 

Viele Medien kamen unsere Einladung zur Pressekonferenz nach, das Interesse an einer Lösung dieser Debatte, die mehr als zehn Jahre läuft, ist enorm. Die Empfehlungen unserer Kommission wurden in mehreren TV-Sendern, im Radio und in allen großen Tageszeitungen aufgegriffen. Hier ein paar Beispiele, wie hohe Wellen unser Bericht geschlagen hat:

Jetzt ist die Stadt Wien am Zug

Wir haben etwas Einmaliges geschafft: Nachdem tausende #aufstehn-Engagierte gefordert haben, dass Lueger so nicht stehen bleiben darf (hier mehr dazu), gibt es nun auch einen Konsens von Expert_innen aus unterschiedlichen Disziplinen, wie es mit dem Dr.-Karl-Lueger-Denkmal und dem Platz weitergehen soll.

Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler hat uns nach unserer medienwirksamen Aktion vor dem Denkmal gemeinsam mit anderen Politiker_innen, Expert_innen und unseren Kommissionsmitgliedern zum Round Table ins Rathaus geladen. Dabei fanden unsere Vorschläge viel Zuspruch. Die Stadt Wien wolle sich um Lösungen bemühen, hieß es, die Stadträtin werde das Thema auch mit dem Bürgermeister besprechen.

Jetzt hängt es also von den politischen Entscheidungsträger_innen ab, wie schnell wir gemeinsam als Gesellschaft das wichtige Signal setzen können: Antisemitismus hat keinen Platz in Wien! Stattdessen wollen wir am Dr.-Karl-Lueger-Platz den Raum für Diskussion und kritische Auseinandersetzung öffnen.

11 Gründe gegen die FPÖ in der Regierung

Grund #1: Die FPÖ hetzt ganz bewusst gegen Flüchtlinge und Minderheiten
Rassismus steht bei der FPÖ auf der Tagesordnung. Kaum ein Interview, in dem nicht gegen “die Ausländer” oder Geflüchtete gehetzt wird. Sie sind die Zielscheibe des Hasses und werden für fast alle Probleme verantwortlich gemacht, Vorurteile und Feindbilder werden bewusst verbreitet. Auch antisemitische Äußerungen von FPÖ-FunktionärInnen sind keine Einzelfälle [1], vom Verhältnis der Freiheitlichen zur slowenischen Minderheit in Kärnten zeugt der Ortstafelstreit [2].

Grund #2: Die FPÖ fällt immer wieder mit ihrer Nähe zum Nationalsozialismus auf
Unzählige aktive und ehemalige FPÖ-PolitikerInnen wurden wegen Wiederbetätigung oder Verhetzung verurteilt [3]. H.C. Strache selbst verbrachte in seiner Jugend viel Zeit im Neonazi-Milieu, nahm an Wehrsportübungen teil und wurde sogar zweimal dabei festgenommen [4]. Im Wahlkampf forderte ein FPÖ-Vertreter die Wiedereröffnung des Konzentrationlagers Mauthausen, ein anderer sprach von “Saujuden” [5].

Grund #3: Die FPÖ wird von rechtsextremen Burschenschaften kontrolliert
Unter H.C. Strache haben rechtsextreme Akademikerkreise ihren Einfluss innerhalb der FPÖ massiv ausgebaut. Knapp die Hälfte der Top-16-BundeslistenkandidatInnen kommen aus schlagenden Burschenschaften [6]. Sie glauben an die Zugehörigkeit Österreichs zum Großdeutschen Reich, verhöhnen die Opfer des NS-Regimes und glorifizieren die Täter. Aus ihren Reihen sind die brutalsten politischen Gewaltverbrecher der Nachkriegszeit und rechtskräftig verurteilte Neonazis hervorgegangen [7].

Grund #4: Die FPÖ ist in massive Korruptionsfälle verwickelt
Grasser, Maischberger, Buwog-Affäre oder Hypo – bis heute beschäftigen uns die Korruptionsfälle der frühen 2000er Jahre, in die zahlreiche FPÖ-Politiker während der schwarz-blauen Koalition verstrickt waren. Schätzungen zufolge haben Korruption und Freunderlwirtschaft aus der Zeit uns SteuerzahlerInnen viele Millionen gekostet. [8][9]

Grund #5: Die FPÖ ist EU-feindlich und schadet unserem internationalen Ruf
Die FPÖ fällt immer wieder mit EU-feindlichen Aussagen auf, einst war sogar von einem EU-Austritt die Rede [10]. Auch heute dominiert der Wunsch nach Abschottung: Die FPÖ positioniert sich klar gegen ein Miteinander der Mitgliedsstaaten und will die Wiedereinführung der Grenzenkontrollen innerhalb der EU [11]. Für den Ruf Österreichs als weltoffenes Tourismusland und das Ansehen im Ausland, auf das die heimische Exportwirtschaft mit ihren unzähligen Arbeitsplätzen baut, wäre eine Regierungsbeteiligung folgenschwer.

Grund #6: Die FPÖ pflegt Kontakte zu Rechtsextremen aus ganz Europa
Die FPÖ pflegt enge Kontakte mit rechtsextremen Kräften im In- und Ausland. Die rechtsradikalen Identitären pries Strache 2016 für ihren “friedlichen Aktionismus” [13]. Am Wiener Akademikerball gibt sich die FPÖ-Elite jedes Jahr ein Stelldichein mit Rechtsextremen aus ganz Europa, für die Medien posieren sie mit der französischen Rechtsextremen Marine Le Pen oder dem holländischen Nationalisten Geert Wilders [14]. Mit dem autoritären russischen Putin-Partei gibt es sogar ein Arbeitsübereinkommen [15].

Grund #7: Die FPÖ ist nicht sozial
Von wegen “Politik für den kleinen Mann”: Die die FPÖ hat in den vergangenen Jahren immer wieder gegen Maßnahmen gestimmt, die die Schwächsten in unserer Gesellschaft finanziell entlasten oder unterstützen sollten: Die FPÖ stimmte gegen die Einführung der Mindestsicherung, gegen ein verpflichtendes Gratis-Kindergartenjahr, gegen die Abschaffung der Maklergebühr beim Wohnen oder gegen die Erhöhung der Mittel für den Wiedereinstieg älterer arbeitssuchender Menschen – um nur einige Beispiele zu nennen. [16]

Grund #8: Die FPÖ ist frauenfeindlich
Das Frauenbild der FPÖ bedroht die Rechte der Frau, die über Jahrhunderte erkämpft wurden. Die FPÖ ist „gegen Gleichmacherei von Mann und Frau”[17]. Im Parteiprogramm werden Frauen fast ausschließlich als Mütter wahrgenommen. Das Recht der Frau, selbst über ihren Körper und eine Schwangerschaft zu entscheiden soll eingeschränkt werden [18]. Immer wieder wettern FPÖ-Politiker gegen “Gender-Wahnsinn” und FeministInnen und präsentieren auf ihren Plakaten unbekleidete Damen [19].

Grund #9: Die FPÖ will die Menschenrechte einschränken
Heinz Christian Strache hält die Einschränkung der Menschenrechte für notwendig, um den Terror zu bekämpfen [20]. Die Europäische Menschenrechtskonvention will die FPÖ durch eine “Österreichische Menschenrechtskonvention” ersetzen. Gerechtfertigt wird die Forderung damit, dass erstere die Todesstrafe erlaube, was nicht stimmt [21].

Grund #10: Die FPÖ diskriminiert Homosexuelle
Menschen, die nicht in das klassische Mutter-Vater-Kind-Bild passen, haben in einem Österreich, wie es sich die FPÖ vorstellt, keinen Platz. Die von den anderen Parteien einstimmig beschlossene eingetragene Partnerschaft wird von der FPÖ abgelehnt. Auch das Recht auf Familie wird homosexuellen Paaren nicht zugestanden. [22]

Grund #11: Die FPÖ verharmlost den Klimawandel
Immer wieder verharmlosen FPÖ-PolitikerInnen den Klimawandel. Der wissenschaftlich nachweisbare Einfluss des Menschen auf die Erderwärmung, vor allem durch die industrielle Entwicklung, wird geleugnet. 2016 stimmte die FPÖ gegen die Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens, der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner forderte gar einen Austritt aus dem Kyoto-Protokoll. [23]

Deshalb haben wir einen dringenden Aufruf gestartet: Keine Koalition mit der FPÖ! Hier klicken und unterzeichnen!

 


Quellen:

[1] Mauthausen Komitee Österreich (2017): Die FPÖ und der Rechtsextremismus. Lauter Einzelfälle?

[2] Die Presse (26.04.2011): Chronologie: Der Ortstafel-Streit seit 1955

[3] Rechtsdrall (04.07.2015): Liste rechtskräftig und nicht rechtskräftig verurteilter FPÖ-Politiker (Stand 29.10.2015)

[4] Süddeutsche Zeitung: Die Akte Strache, Teil I

[5] Mauthausen Komitee Österreich (2017): Neue Einzelfälle FPÖ Zusatzbeilage

[6] Der Standard (22.8.2017): Deutschnationale haben FPÖ-Bundesliste fest im Griff

[7] Hans-Henning Scharsach (2017): Stille Machtergreifung: Hofer, Strache und die Burschenschaften. Wien: K&S Verlag

[8] kurier.at (20.03.2017): Ein Korruptions-Ranking in Schwarz-Blau

[9] profil (18.03.2011): Schwarz-Blau: Regiert, geschmiert, kassiert

[10] Wiener Zeitung (22.11.2007): EU-Austritt in FPÖ-Programm

[11] Die Presse (21.12.2005) Faktencheck: Grenzkontrollen reduzieren Kriminalität nicht

[12] WKO Aussenwirtschaft (Jänner 2017): Österreichische Exportwirtschaft 2017 

[13] Heute (20.04.2016) FP-Chef Strache verteidigt Identitäre nach Bühnen-Sturm

[14] kurier.at (10.01.2017): Europas Rechtspopulis­ten treffen einander in Koblenz

[15] Die Presse (19.12.2016): FPÖ schließt Fünf-Jahres-Vertrag mit Kreml-Partei

[16] Vice (18.11.2015): Wie die FPÖ gegen die „kleinen Leute“ stimmt

[17] FPÖ Wahlprogramm 2017: Unsere Frauen

[18] Der Standard (01.10.2017): Wie geht echte Frauenpolitik? Eine Orientierung

[19] kurier.at (01.07.2014): FP-Jugend: Barbusig gegen „Genderwahn“

[20] kurier.at (09.06.2017): FPÖ-Chef Strache fordert Ende von NATO-Partnerschaft

[21] Der Standard (20.09.2017): Warum Norbert Hofers Todesstrafen-Behauptung falsch ist

[22] Der Standard (28.04.2016): Die Pläne der FPÖ für Lesben und Schwule

[23] Vice (9.10.2017): Warum die FPÖ den Klimawandel in Frage stellt