Sie sind wieder in der Schule!

Hunderte junge Flüchtlinge, die plötzlich nicht mehr in die Schule gehen dürfen? Was unglaublich klingt, war vergangenen Herbst in vielen Bundesländern urplötzlich Realität. Wir sind sofort aktiv geworden, haben mit unserem Protest eine Gesetzesänderung angestoßen und dafür gesorgt, dass die Jugendlichen wieder in die Schule gehen dürfen – ein Riesenerfolg!

Rückblick: Meist ohne jede Vorwarnung erfuhren im September vergangenen Jahres kurz vor Schulbeginn in Oberösterreich 126 junge Flüchtlinge, dass sie kein freiwilliges zehntes Schuljahr mehr machen dürfen. Auch in anderen Bundesländern wurde jugendlichen Geflüchteten plötzlich der Schulbesuch verwehrt. Uns erreichten berührende Briefe, in denen die Jugendlichen erzählen, was dieser Schock für sie bedeutet und wie gerne sie wieder in ihre Klassen gehen würden:

Ayub (15)

 

Jafar (16)

Die Jugendlichen waren verzweifelt, MitschülerInnen, LehrerInnen und BetreuerInnen ebenso. 8.000 von uns wollten das nicht einfach so hinnehmen und haben Bildungsministerin Sonja Hammerschmid über www.aufstehn.at Mails geschrieben und sie aufgefordert, die jungen Geflüchteten wieder in die Schule gehen zu lassen.

Über ein Jahr lang sind wir dran geblieben, waren immer wieder mit dem Unterrichtsministerium und zahlreichen BetreuerInnen in Kontakt – mit Erfolg. Vor wenigen Tagen hat die Schule wieder begonnen. Diesmal auch für geflüchtete Jugendliche, die ein freiwilliges 10. Schuljahr machen möchten.

„Ich freue mich sehr auf die Schule. Ich möchte so viel lernen wie möglich.“

Frozan (15) aus Wels (OÖ)

Eine von ihnen ist Frozan (15). Die Schülerin aus Wels (OÖ) hat die ganzen Ferien darauf gehofft, im September wieder in die Schule gehen zu dürfen. Die Freude ist groß, dass sie nun die 4. Klasse der NMS 6 wiederholen darf. „Ich freue mich sehr auf die Schule. Ich möchte so viel lernen wie möglich. Am liebsten mag ich Deutsch und Englisch.“, erzählt sie.

 Auch in den Medien wurde über unseren großen Erfolg berichtet:
DiePresse.com,  meinbezirk.at, ViennaOnline

Der Hintergrund: Viele jugendliche Flüchtlinge sind wegen ihrer mangelnden Deutschkenntnisse außerordentliche SchülerInnen. Als solche war es ihnen nicht mehr erlaubt, das 10. Schuljahr zu besuchen, was vergangenen Herbst dazu führte, dass sie in verschiedenen Bundesländern, wie auch der Steiermark und Salzburg, aus dem Klassenverband gerissen wurden. Damit wurde den Jugendlichen die Chance auf weiterführende Bildung und Integration verweigert.

Wir haben uns zu Schulbeginn nach der Gesetzesänderung noch einmal über die aktuelle Situation informiert: In Wien gab es in den vergangenen Wochen noch Probleme, einzelne jugendliche Geflüchtete in Klassen unterzubringen. Landesschulinspektor Wolfgang Gröpel vom Stadtschulrat Wien hat uns aber auf Anfrage versichert, dass alle betroffenen SchülerInnen einen Schulplatz bekommen werden. Wir bleiben dran!

 

Weiterlesen:

DiePresse.com, 11.09.2016: Kein freiwilliges zehntes Schuljahr für Flüchtlinge
Heute.at, 14.09.2016: Lehrer und 15 Schüler müssen von Schule gehen
Aufstehn.at, 15.09.2016: “Lassen Sie sie in die Schule gehen, Frau Ministerin” – Was bisher geschah.
DiePresse.com, 20.03.2017: Nach Wirbel doch ein Extra-Schuljahr für Flüchtlinge
Aufstehn.at, 27.03.2017: „Erfolg: Junge Flüchtlinge dürfen wieder in die Schule gehen!“
Vienna.at, 04.09.2017: „Rund 475.000 Schüler starten in Wien, NÖ und dem Burgenland ins neue Schuljahr“
meinberzirk.at, 14.09.2017: „Fast 1.500 Flüchtlingskinder gehen in Oberösterreich zur Schule“

„Lassen Sie sie in die Schule gehen, Frau Ministerin!“ – Was bisher geschah.

„Lassen Sie sie in die Schule gehen, Frau Ministerin!“ – mit dieser Forderung haben wir ganz schön was ins Rollen gebracht: Innerhalb einer Woche haben fast 8.000 von uns Bildungsministerin Sonja Hammerschmid ein Mail geschrieben und sie aufgefordert, jungen Flüchtlingen das freiwillige 10. Schuljahr zu ermöglichen. Unser Protest verbreitet sich rasend schnell, das Thema ist in allen Medien. Auch die Ministerin hat bereits auf unseren Protest reagiert.

SchülerInnen in ganz Österreich betroffen

Nachdem wir Anfang letzter Woche erfahren haben, dass 126 junge Flüchtlinge in Oberösterreich nicht mehr in die Schule gehen dürfen, weil außerordentlichen SchülerInnen der Besuch im 10. freiwillige Schuljahr nicht mehr erlaubt ist, sind weitere Fälle bekannt geworden. In Salzburg sind 37 SchülerInnen betroffen und in der Steiermark trat dieses Problem bereits letztes Jahr auf.[1][2] Aber nicht für die Jugendlichen hat der Ausschluss tiefgreifende Konsequenzen: Weil In Vöcklabruck letzten Mittwoch 15 Schüler nach Hause geschickt wurden, mussten ohne Vorwarnung Klassen zusammengelegt und zwei Lehrkräfte versetzt werden.[1]

In der Zwischenzeit haben uns auch sehr berührende Briefe erreicht: Jugendliche, die plötzlich nicht mehr in die Schule gehen können, erzählen, was dieser Schock für sie bedeutet, wie gerne sie wieder in ihre Klassen gehen würden und welche Wünsche sie für ihre Zukunft haben.

brief_ajub

Ayub, 15 Jahre

brief_jafar

Jafar, 16 Jahre

brief_mahdi

Mahdi    

Die Bildungsministerin hat reagiert

8.000 Mails können etwas bewirken, unser Protest kommt an: Frau Ministerin Hammerschmid hat uns versichert, dass sie eine Gesetzesänderung prüfen will, um den betroffenen Jugendlichen den Schulbesuch wieder zu ermöglichen:

„Wenn wir Integration leben und jugendlichen Flüchtlingen eine Chance geben wollen, an unserer Gesellschaft teilzuhaben, sollten wir sie nicht aus bestehenden Klassenverbünden herausholen. Wir prüfen deshalb eine Gesetzesänderung, um auch jugendlichen Flüchtlingen ein freiwilliges 10. Schuljahr zu ermöglichen. In der Zwischenzeit haben wir spezielle Lehrgänge geschaffen, die sich bedürfnisorientiert an jene Zielgruppe richtet.“

Man möchte möglichst rasch einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen, hofft, Anfang nächsten Jahres auf Basis einer überarbeiteten Rechtslage weiterzuarbeiten.

Für uns ist klar, dass wir nicht lockerlassen dürfen. Wir fordern eine möglichst rasche Gesetzesänderung, damit junge Flüchtlinge die Schule so schnell wie möglich wieder im freiwilligen 10. Schuljahr besuchen können, sie aber auch in der Zwischenzeit angemessene Betreuungsangebote erhalten.

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Quellen:
[1] DiePresse.com, 11.09.2016: Kein freiwilliges zehntes Schuljahr für Flüchtlinge
[2] Heute.at, 14.09.2016: Lehrer und 15 Schüler müssen von Schule gehen

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler…

Seit Samstag haben fast 3.000 Menschen einen Brief an Bundeskanzler Werner Faymann und sein Regierungsteam geschickt, um gegen die geplante Asylverschärfung – allen voran die umstrittene „Notstand“-Sonderregelung – aufzustehn. Einer davon ist Hannes, der sich ehrenamtlich bei #aufstehn engagiert:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Werner Faymann,
sehr geehrte BundesministerInnen Hans Peter Doskozil, Gabriele Heinisch-Hosek, Gerald Klug, Sabine Oberhauser, Josef Ostermayer und Alois Stöger,mein Sohn ist österreichischer, griechischer und deutscher Staatsbürger. Ich will, dass er mit der Selbstverständlichkeit aufwächst, dass diese Länder zusammen gehören. Er soll, ohne sich bewaffneten Grenzbeamten ausweisen zu müssen, seine Großeltern besuchen können.Eine meiner ersten Erinnerungen ist, dass sich Menschen vor Freude weinend in den Armen liegen, weil die Mauer, die sie 28 Jahre von ihren Nachbarn getrennt hat, gefallen war. Wenn wir zulassen, dass wir aus Angst vor Menschen, die bei uns nach Schutz suchen, neue eiserne Vorhänge bauen, dann geben wir die Idee Europas auf. Erst ist es ein Polizist an der Grenze, dann ein Soldat, ein Absperrgitter, eine “Tür mit Seitenteilen”, ein Zaun und schließlich eine Mauer, die nie jemand bauen wollte.

Heute weinen wieder Menschen an den Grenzen Europas, weil auf diejenigen, die vor Hunger, Tod und Folter flüchten, mit Tränengas geschossen wird.

Inszenieren sie keinen Notstand, sonst werden sie gezwungen sein, mitten in Europa wieder eine eiserne Grenze zu verteidigen. Beheben sie stattdessen den Notstand, den sie selbst geschaffen haben und bieten sie allen Flüchtlingen in Idomeni Asyl in Österreich an.

Hannes

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Hannes (30) ist Politikwissenschaftler und Vater. Er forscht und arbeitet seit Jahren zu den Themen Demokratie und Mitbestimmung. Bei #aufstehn engagierte er sich 2015/16 v. a. im Bereich europäische Politik.

Geschafft: Spende bleibt Spende!

Unser Protest hat Wirkung gezeigt – dass unsere Spenden für Flüchtlingshilfe mit den Förderungen des Bundes gegengerechnet werden sollen, ist nach den gestrigen Verhandlungen vorerst vom Tisch!

Dass uns das gelungen ist, verdanken wir den knapp 22.000 UnterstützerInnen unseres offenen Briefs. Als bekannt wurde, dass das Innenministerium auch allgemeine Spenden für die Flüchtlingshilfe von den staatlichen Förderungen für die Hilfsorganisationen abziehen könnte, haben wir einen offenen Brief an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gestartet und damit eine enorme Welle des Protests ausgelöst: Binnen weniger als 24 Stunden hatten bereits mehr als 12.000 Menschen auf aufstehn.at unterzeichnet. Rasend schnell verbreitete sich unsere Forderung unter dem Hashtag #spendebleibtspende auf Facebook und Twitter, diverse Medien berichteten[1].

Doch damit nicht genug: Zwei Tage nach Bekanntwerden der Forderung der Regierung, versammelten wir uns gemeinsam mit anderen Engagierten vor dem Innenministerium, um dort lautstark im Namen der bis dahin bereits über 17.000 UnterzeichnerInnen unseren offenen Brief zu verlesen.

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Unzählige Medien berichteten von der Protestaktion[2], der öffentliche Druck stieg weiter an. Die Ministerin kündigte daraufhin Gespräche mit den Hilfsorganisationen an, zu einer offiziellen Stellungnahme war sie auf unsere Anfrage hin aber weiterhin nicht bereit.

Deshalb zogen wir gestern, Mittwoch, vor den geplanten Verhandlungen mit den NGOs noch einmal vor das Innenministerium. Mit im Gepäck: Unser offener Brief mit allen bis dahin eingelangten über 21.000 Unterschriften – eine gigantische Schriftrolle mit einer Länge von 10 Metern, die wir vor Ort vor Beginn der Gespräche übergeben haben[3].

Und unser Protest hat sich ausgezahlt: Vom Abzug unserer Spendengelder für Flüchtlingshilfe von den staatlichen Förderungen ist jetzt keine Rede mehr. Unsere Spenden werden nicht mit den Geldern gegengerechnet, die den Hilfsorganisationen für die Erfüllung staatlicher Aufgaben in der allgemeinen Flüchtlingshilfe zustehen. Nur die für Transitflüchtlinge zweckgewidmeten Spenden seien vertraglich per Sonderrichtlinie vorab ausgenommen worden, heißt es jetzt – ein vergleichsweise geringer, wenn auch umstrittener Betrag gemessen an den allgemeinen Spenden für die Flüchtlingshilfe[4]. Neue, verbesserte Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit, die auch diesen Bereich abdecken, sollen im Laufe des Jahres erarbeitet werden. Ein Prozess, den wir genau beobachten werden. Sollte der Staat beginnen, unsere Spenden einzukassieren, werden wir uns wehren. Denn eines ist klar: Spende bleibt Spende!

 

Quellen & weiterführende Informationen:

[1] orf.at, 21.3.2016: NGOs gehen auf die Barrikaden
[2] kurier.at, 23.3.2016: Lärm-Spende vor dem Innenministerium
[3] meinbezirk.at, 30.3.2015: „Spende bleibt Spende“: 21.174 Unterschriften gegen die Kürzung von NGO-Förderungen
[4] derStandard.at, 30.3.2016: Nach Gipfel: Spendenstreit beigelegt, NGOs bleiben skeptisch