ATV, RTL & Co.: Warum Sexismus im TV gefährlich ist

“Das Geschäft mit der Liebe”, “Tutto Gas”, “Germany’s Next Topmodel” – es gibt sie überall: TV-Shows gefüllt mit sexistischen Wortmeldungen, toxischen Schönheitsvorstellungen und der Sexualisierung von Frauen*. Sexismus, getarnt als Unterhaltung, ist nach wie vor im Trend. Und das ist gefährlich.

Achtung: In diesem Text geht es um frauenfeindliche Aussagen, Beschimpfungen, Bodyshaming (= Diskriminierung und Beleidungung von Menschen aufgrund ihres Körpers) und sexuelle Gewalt.

Das Geschäft mit dem Frauenhass

  • Sexistisches Zitat aus Tutto Gas: "Alkohol ist wichtiger als die Huren-Weiber."
  • Sexistisches Zitat aus GNTM: Wenn sie wissen, dass die 2, 3 KG mehr haben, dann können sie nicht hier sitzen und sich die French Fries reinhauen.
  • Sexistisches Zitat aus Das Geschäft mit der Liebe: Die Nutten schlafen schon, die schönen Frauen auch.
  • Sexistisches Zitat aus Tutto Gas: Jede Frau ist gleich und ein Loch ist warm und feucht.
  • Sexistisches Zitat aus Tutto Gas: (Anm.: Sie ist eine..) Lügnerin und fett, nicht gut. Nicht cool.
  • Sexistisches Zitat aus Das Geschäft mit der Liebe: Heute knall ich sicher noch eine.
  • Sexistisches Zitat aus Germany's next Topmodel: Sie hat sich schlichtweg verdoppelt.

 

So klingen die Primetime-Formate von Privatsendern seit Jahrzehnten. Bodyshaming, frauenverachtende Aussagen und sexuelle Übergriffe werden ungefiltert im Fernsehen ausgestrahlt. Die Sender machen Frauenhass zum Kassenschlager – und das in einem Land, in dem jede dritte Frau von Gewalt betroffen ist [6].

 

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Frauenhass ist keine Unterhaltung, sondern Realität

Alle zwei Wochen tötet ein Mann in Österreich eine Frau – damit bildet Österreich EU-weit die traurige Spitze. Femizide sind allerdings meist nur der Schlusspunkt einer jahrelangen Entwicklung. Denn männliche Gewalt an Frauen beginnt schon mit herablassenden Kommentaren, aufdringlichem Verhalten oder frauenverachtenden “Witzen”. Wenn sexistische Klischees wöchentlich zur besten Sendezeit laufen, dann signalisiert das den Zuseher_innen, dass sexistisches Verhalten sozial akzeptiert und vorzeigbar ist. Medien bilden die Realität nicht nur ab, sondern gestalten sie aktiv mit [7].


3 Gründe, warum Sexismus im TV so gefährlich ist

  • Sexistische Rollenbilder werden verstärkt. 
    TV-Formate wie “Das Geschäft mit der Liebe” zeigen Frauen untergeordnet, irrational oder sexualisiert. Wenn Zuseher_innen so etwas immer und immer anschauen, beeinflusst das ihre Sicht auf Frauen – und welche Rolle sie in der Gesellschaft haben [7].
  • Das Selbstvertrauen von Frauen wird geschwächt. 
    “Tinderreisen” oder “Gemany’s next Topmodel” vermitteln toxische Schönheitsideale und setzen auf Bodyshaming zur Unterhaltung. Diese “Ideale” können dazu führen, dass Zuseherinnen sich in ihrem Körper nicht mehr wohl fühlen – und sogar Essstörungen entwickeln [7].
  • Bestehende Machtverhältnisse werden gestärkt.
    Viele Formate erzählen Geschichten aus der männlichen Perspektive – wie “Das Geschäft mit der Liebe”. Frauen haben keine aktive Rolle, sondern sind darin Objekte. Das verstärkt bestehende Machtverhältnisse: Männer haben das Sagen, Frauen sollen sich unterordnen und können wie Ware behandelt werden. Dadurch denken Männer, sie haben einen Besitzanspruch – was in der Realität zu Partnergewalt führen kann [7].

Medien müssen Verantwortung übernehmen

Privatsender wie ATV oder RTL bieten sexistischen Inhalten eine Bühne – das muss aber nicht so sein. Es gibt viele Maßnahmen, mit denen die Sender Frauenhass aus dem TV verbannen können. Zum Beispiel mit entsprechend geschulten Sensitivity-Readers – die Inhalte vorab überprüfen und auf diskriminierende, stereotype oder verletzende Stellen aufmerksam machen.

Porträt der Person

„Dass Privatsender frauenfeindlichen Inhalten eine Bühne bieten, ist zwar nicht wirklich überraschend – ganz nach dem Motto: Sex(ualisierung von Frauen) sells. Umso mehr müssen wir aber über die Verantwortung von Medien sprechen. Denn was auf dem Bildschirm gezeigt wird, prägt unser Denken.“

– Philine Dressler, Kampagnenleiterin #aufstehn

Kein Sendeplatz für Frauenhass!

Frauenfeindlichkeit ist keine Meinung – mit ihr beginnt Gewalt an Frauen. Einschaltquote hin oder her: Wer sie toleriert und reproduziert, macht sich mitschuldig. Deshalb haben sich über 15.000 Menschen unserem Appell “ATV: Kein Sendeplatz für Frauenhass” angeschlossen. Mit Erfolg: Im September verkündet ATV, dass „Das Geschäft mit der Liebe“ abgesetzt wird.

Erfolge wie dieser zeigen: Gemeinsam bewirken wir Veränderung. Damit wir uns weiterhin für wichtige Themen einsetzen können, sind wir als gemeinnütziger Verein auf Spenden angewiesen. Bitte unterstütze uns, wenn du kannst:

 

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*Anmerkung:
Die Statistiken zu geschlechtsspezifischer Gewalt berücksichtigen größtenteils nur Frauen und Männer – obwohl es mehr als zwei Geschlechter gibt. Geschlechtsspezifische Gewalt betrifft also nicht nur Frauen, sondern auch andere Menschen, die als Frauen wahrgenommen werden. Dazu gehören zum Beispiel manche nicht-binäre oder andere queere Menschen.

Quellen:
[1] Tutto Gas, 6. Juni 2024: Feierwehrmann klein mit Hut
[2] STRG_F, 27. Juni 2023: Druck, Hass, Manipulation: Wie kaputt macht Germany‘s Next Topmodel?
[3] Tinderreisen, 2. Mai 2024: Free the Bird
[4] Der Standard, 21. Juli 2025: ATV macht wieder „Geschäft mit der Liebe“ nach „massiver Überarbeitung“
[5] ATV, 30. März 2025: Die besten Sprüche von Robert Nissel
[6] Statistik Austria, 25. November 2022: Jede dritte Frau von Gewalt betroffen
[7] Heike vom Orde, 2020: Geschlechterdarstellungen in den Medien: eine unendliche (Klischee-)Geschichte

Viola unterstützt das Team im Bereich Marketing und Presse – und sorgt dafür, dass möglichst viele Menschen von unseren Aktionen erfahren. Sie hat Digital Media Management studiert und zuvor u.a. in einem Ministerium und einer Agentur gearbeitet.