Am Mittwoch hat das EU-Parlament eine Resolution zu TiSA, dem Abkommen zur Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen, verabschiedet. Die Resolution beinhaltet eine Reihe von Forderungen an die EU-Kommission, die das Abkommen an der Stelle der EU-Staaten verhandelt. Die endgültige Abstimmung im Parlaments erfolgt erst nach Abschluss der Verhandlungen.
“Warnung” des Parlaments
Die Resolution des Parlaments wurde mit 532 Ja-Stimmen, 131 Nein-Stimmen und 36 Enthaltungen angenommen. Die Forderungen des Parlaments klingen gut: Öffentliche Dienstleistungen (Wasser, Gesundheit, Bildung, …) sollen von dem Abkommen ausgenommen werden, Datenschutzmaßnahmen und das Recht zu regulieren sollen festgeschrieben werden.[1]
Die zuständige parlamentarische Berichterstatterin Viviane Reding nennt die Resolution eine “Warnung” an die VerhandlungsführerInnen in der EU-Kommission, die jetzt in die nächste, von den USA geleitete Verhandlungsrunde startet. Dass sie dabei von ihrer bisherigen Verhandlungslinie abrückt und sich für die Forderungen des Parlaments einsetzt, ist unrealistisch. Denn das würde bedeuten, dass die EU-Kommission jetzt quasi über Nacht ihre Strategie radikal ändern müsste.
Setzt sich das Parlament durch?
Das Problem: Die Resolution des Parlaments ist nicht bindend. Zwei Anträge im Parlament, das zu ändern, wurden gestern abgelehnt. [2] Dass die Kommission die “Warnung” des Parlaments also ernst nimmt, ist zu bezweifeln. Außerdem steckt der Teufel im Detail: Was hilft es, wenn beispielsweise überall Mindestarbeitsnormen gelten, aber niemand ihre Einhaltung einklagen kann?[3]
Worauf sind wir bereit zu verzichten?
Jetzt gehen die Verhandlungen weiter: Am Verhandlungstisch sitzt die EU-Kommission 22 VertreterInnen von Staaten gegenüber, die alle ihre jeweiligen Interessen durchsetzen möchten. Verhandlungen bedeuten immer ein Geben und ein Nehmen: Am Ende steht ein Kompromiss, bei dem niemand alles das bekommt, was er/sie will.
Das EU-Parlament hat in seiner Resolution Maximalforderungen für viele Bereiche aufgestellt: Öffentliche Dienstleistungen, Klimaziele, Kompetenzen der Kommunen, ArbeitnehmerInnenrechte, Datenschutz und Finanzmarktkontrolle. Die Frage lautet: In welchem Bereich machen wir Kompromisse? Opfern wir den Datenschutz für die Klimaziele oder doch lieber das öffentliche Gesundheitswesen für die Wasserversorgung?
Die Antwort auf diese Fragen muss lauten: “Nein!” zu TiSA.
Hannes (30) ist Politikwissenschaftler und Vater. Er forscht und arbeitet seit Jahren zu den Themen Demokratie und Mitbestimmung. Bei #aufstehn engagierte er sich 2015/16 v. a. im Bereich europäische Politik.
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[1] Presseaussendung des EU-Parlaments www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/20160129IPR11904/TiSA-Abkommen-muss-EU-Firmen-im-Ausland-und-%C3%B6ffentliche-Dienste-zuhause-sch%C3%BCtzen
[2] Presseaussendung der Grünen www.gruene.at/ots/vana-zu-tisa-europaparlament-verspielt-chance
[3] Presseaussendung Gewerkschaft Younion www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160203_OTS0148/younionkattnig-resolution-zu-tisa-geht-nicht-weit-genug