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Erfolg in Vorarlberg: Mein Körper, meine Wahl

Wichtiger Erfolg: Nachdem Vorarlberger Politiker_innen vor christlichen Fundamentalist_innen und erzkonservativen Kräften einknickten, war die Gesundheitsversorgung von ungewollt Schwangeren in Gefahr. Gemeinsam mit über 17.000 Unterstützer_innen und Aktivist_innen aus ganz Österreich haben wir die Vorarlberger Regierung dazu gebracht, den lückenlosen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Wie wir das geschafft haben, kannst du hier nachlesen.

Einer für alle

Dr. Benedikt Hostenkamp ist der letzte Arzt, der in Vorarlberg Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Er geht aber Ende des Jahres in Pension. Erst Ende 2024 soll eine neue Privatklinik für Schwangerschaftsabbrüche öffnen. In der Zwischenzeit wären ungewollt Schwangere im Ländle somit auf sich allein gestellt, denn: Im ganzen Bundesland findet sich niemand, die/der die Praxis von Dr. Hostenkamp übernehmen möchte – aus Angst vor Angriffen von Abtreibungsgegnern, selbsternannten “Lebensschützern”.

Die Landesrätin für Gesundheit Martina Rüscher (ÖVP) präsentierte einen Lösungsvorschlag: Eine Privatklinik im Landeskrankenhaus Bregenz soll sichere Abtreibungen durchführen. Doch weil christliche Fundamentalist_innen und Erzkonservative in der ÖVP auf die Barrikaden stiegen, knickte die Landesrätin ein [1]: Die Lösung war vom Tisch – und ungewollt Schwangere hätten somit keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen.

 

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Wichtiger Erfolg: Versorgung gesichert

Für uns war schnell klar: Die Politik darf nicht nach der Pfeife von Erzkonservativen tanzen! Deshalb haben wir umgehend einen Appell an Gesundheitsrätin Rüscher gestartet. Innerhalb kürzester Zeit haben sich mehr als 17.000 Menschen der Forderung “Vorarlberg: Schwangerschaftsabbrüche müssen möglich bleiben!” angeschlossen.

Nur wenige Tage später, am 28. September, dem internationalen Tag für sicheren Schwangerschaftsabbruch, gingen wir gemeinsam mit tausenden Menschen österreichweit für das Recht auf Selbstbestimmung auf die Straßen. Unsere Botschaft war klar: Unsere Körper, unsere Entscheidung!

Ende Oktober kam dann die erfreuliche Nachricht: Schwangerschaftsabbrüche bleiben weiterhin möglich! Ab Ende November können ungewollt Schwangere zur Behandlung ins LKH Bregenz [2]. Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf für die körperliche Selbstbestimmung von Schwangeren.

 

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Es bleibt jedoch ein Erfolg mit Schattenseite: In Vorarlberg müssen Betroffene tief in die Tasche greifen, denn mit 720 Euro ist ein Schwangerschaftsabbruch dort fast doppelt so hoch wie in den öffentlichen Spitälern in Wien. Zudem gibt es in Vorarlberg für das gesamte Bundesland jetzt weiterhin nur eine einzige Stelle, an die sich ungewollt Schwangere wenden können, in der sichere Abtreibungen möglich sind.

Das kommt nicht von ungefähr

Wie in den USA gibt es auch in Europa ein Netzwerk an erzkonservativen und rechten Fundamentalist_innen, die alles daran setzen, sichere Abtreibung zu verbieten und versuchen uns ihre ewiggestrige Ideologie aufzuzwingen [3]. Getarnt als harmlose Familienvereine orchestrieren sie auf der ganzen Welt Proteste – und haben so dazu beigetragen, dass sichere Abtreibungen etwa in Teilen der USA und Polen heute strafbar sind. Es kann nicht sein, dass Ärzt_innen aus Angst vor Angriffen von Abtreibungsgegnern Menschen nicht medizinisch versorgen können.

Was es bedeutet, keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen zu haben, zeigt sich zum Beispiel in Polen. Seit 2021 gilt dort eines der strengsten Abtreibungsgesetze in ganz Europa: Nur wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist oder die Betroffene aufgrund einer Vergewaltigung schwanger ist, ist ein Abbruch legal. Erst im Mai starb dort eine Frau im Krankenhaus an Sepsis, weil die Ärzt_innen den überlebenswichtigen Eingriff nicht durchführten [4]. Zwar wäre ein Abbruch in ihrer Situation erlaubt gewesen, doch die zuständigen Ärzt_innen fürchteten sich vor rechtlichen Konsequenzen. Das ist kein Einzelfall und das zeigt ganz deutlich: Die Angst vor dem strengen Gesetz sitzt tief. Und geht es nach christlichen Fundamentalist_innen und Erzkonservativen, könnte das bald auch in Österreich bittere Realität sein. Schritt für Schritt arbeiten sie daran, sichere Abtreibungen unmöglich zu machen.

 

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Was in Vorarlberg passiert ist, ist nur eines der Beispiele, wie eine kleine fundamentalistische Gruppierung Einfluss auf die Entscheidungen der Politik nimmt: In ganz Österreich wird das Selbstbestimmungsrecht von Schwangeren immer weiter ausgehöhlt. In Tirol etwa soll es in Zukunft ein Register zur Überwachung von Schwangerschaftsabbrüchen geben, auch in Salzburg will die ÖVP-FPÖ Koalition so ein Verzeichnis [5]. Als vorgeschobenen Grund geben Politiker_innen an, mögliche Gründe für Schwangerschaftsabbrüche erhalten zu wollen. Doch die sind längst bekannt. Anstatt das Geld für die Umsetzung eines Registers auszugeben, sollten Entscheidungsträger_innen in sichere und bezahlbare Abtreibungen für alle investieren.

Die Entwicklungen in Europa und in Österreich zeigen: Wir müssen jetzt aufstehn und uns entschieden für das Recht auf Selbstbestimmung einsetzen. Wir werden genau darauf schauen und uns weiterhin dafür einsetzen, dass der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen nicht nur möglich, sondern immer und für alle Menschen gewährleistet ist.

So war die Übergabe

Ende November waren wir gemeinsam mit der Initiative „Pro Choice Vorarlberg“ bei Martina Rüscher in Bregenz, um mit ihr über die aktuelle Situation für ungewollt Schwangere im Ländle zu sprechen. Für die Gesundheitslandesrätin war unser Appell mit über 17.000 Unterschriften eine große Stütze, die aktuelle Lösung trotz Gegenwind einzufordern. An dieser Stelle deshalb nochmal ein Danke an alle, die ihn unterstützt haben. Ohne euch wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen!Die wichtigsten Infos aus dem Gespräch haben wir hier für dich zusammengefasst.

 

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Zunächst die guten Neuigkeiten:

  • Der Schwangerschaftsabbruch ist ab sofort und bis auf weiteres im Landeskrankenhaus Bregenz als Privatleistung möglich. So sollen auch Wartezeiten in Zukunft vermieden werden.
  • Das neue Beratungsgespräch ist definitiv freiwillig und wird von einer objektiven Einrichtung direkt im Krankenhaus angeboten.

Was wir noch kritisieren:

  • Die Kosten für den Eingriff bleiben mit 720€ sehr hoch. Für Betroffene ist keine finanzielle Hilfe geplant.
  • Derzeit ist keine zweite Anlaufstelle für Betroffene im Bundesland in Aussicht.
  • Das operative Gespräch (Pflicht bei jeder OP) ist nicht wie bisher am selben Tag, sondern jetzt neu 2-3 Tage vor dem Eingriff. Betroffene müssen also zweimal ins LKH Bregenz fahren.

Das zeigt: Die Versorgung ungewollt Schwangerer ist verbesserungswürdig. In Vorarlberg, aber auch in den anderen Bundesländern, müssen Betroffene tief in die Tasche greifen und lange Wege auf sich nehmen. Deshalb müssen Schwangerschaftsabbrüche langfristig raus aus dem Strafgesetzbuch – sodass Abbrüche kostenfrei und wohnortsnah verfügbar sind. Wir bleiben dran!

Danke an alle Unterstützer_innen

Solche Erfolge sind nur möglich, weil sich viele Menschen engagieren. Und weil so viele an #aufstehn glauben und mit einer regelmäßigen Spende unterstützen – sie machen diese Arbeit überhaupt erst möglich. Das gibt uns Sicherheit: Wir trauen uns an große Projekte heran, auch wenn es – wie die Kampagne zu Schwangerschaftsabbrüchen in Vorarlberg – plötzlich ganz schnell gehen muss. Dank unserer Förderer_innen haben wir die Kraft, es auch mit mächtigen Gegner_innen aufzunehmen. Deshalb bitte ich dich: Werde jetzt Förderer_in und stärke #aufstehn mit einer monatlichen Spende.

 

Quellen:
[1] Der Standard, 20.09.2023: Keine Abtreibungen in Vorarlbergs Spitälern
[2] vorarlberg.orf.at, 25.10.2023: Abtreibungen künftig im Krankenhaus Bregenz
[3] taz.de: Online-Petitionen gegen Abtreibung: Angriff der christlichen Fundis
[4] puls24.at, 12.06.2023: Abtreibungsdebatte in Polen neu befeuert: Schwangere stirbt bei Spitalsbehandlung
[5] Der Standard, 05.09.2023: Tirol und Salzburg planen Register für Abtreibungen

Flora ist Campaignerin bei #aufstehn und unterstützt das Team bei der Erstellung und Durchführung von Kampagnen. Sie ist seit Jahren in den Bereichen Frauenrechte und Gender tätig und engagiert sich ehrenamtlich auch in anderen Vereinen. Zudem macht sie derzeit ihren Master in Gender Studies.