Wie Rechtsextreme den Diskurs bestimmen: 3 Taktiken

“Festung Österreich”. “Volkskanzler”. “Remigration”. Die FPÖ schockiert regelmäßig mit menschenverachtenden Aussagen – und erzielt damit Aufmerksamkeit. Hier erfahrt ihr, mit welchen rhetorischen Taktiken das gelingt.

Immer wieder gibt es in der FPÖ Skandale – von Falschaussagen vor Gericht, über die Verherrlichung des Nationalsozialismus bis hin zu Angriffen auf staatliche Institutionen (1). Trotzdem führt die Partei seit 2022 alle Meinungsumfragen an. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Afd in Deutschland oder der postfaschistischen Fratelli d’Italia in Italien ab (2).

 

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Wie schaffen es rechtsextreme Parteien trotz zahlreicher Skandale so viel Aufmerksamkeit zu erzielen? Hier findet ihr drei Beispiele.

1. “Wir gegen die anderen”-Erzählung

Rechtspopulist_innen setzen auf eine “Wir gegen die anderen”-Erzählung – indem sie das “echte österreichische Volk” den “anderen” (zum Beispiel Geflüchteten) gegenüberstellen. Sie präsentieren Österreicher_innen als ehrlich und gut und stellen sie als Opfer dar, die “anderen” als Bedrohung oder Belastung. Wenn Menschen so in Gut und Böse eingeteilt werden, wirkt Ungleichbehandlung plötzlich logisch. Damit rechtfertigen rechtsextreme Parteien diskriminierende Forderungen und Maßnahmen (2).

Beispiel: Festung Österreich

Ob im Wahlprogramm oder bei politischen Diskussionen: Die FPÖ verlangt eine “Festung Österreich”. Diese soll “echte Österreicher_innen” vor den “anderen” schützen – so fordert die FPÖ zum Beispiel, dass Sozialleistungen nur an Menschen aus Österreich gehen sollen. Diese Diskriminierung rechtfertigt die FPÖ mit dem “Schutz der Österreicher_innen” (3).

 

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2. Instrumentalisierung von Krisen

Rechtsextreme nutzen Krisen, wie Fluchtbewegungen, um eine strengere Ordnungspolitik zu rechtfertigen. Sie setzen dabei auf Angst und bieten vermeintlich einfache und schnelle Lösungen. Das Versprechen: Durch strengere Ordnung gibt es mehr Sicherheit (2).

Beispiel: Regulierung religiöser Organisationen

Die FPÖ behauptet, dass muslimische Geflüchtete aufgrund ihrer Religion eine Bedrohung sind. Sie fordert daher ein Verbot des politischen Islam – angeblich um den Islamismus und terroristische Bedrohungen zu bekämpfen (4). Was wirklich dahintersteckt: eine Einschränkung der Religionsfreiheit und die Darstellung von Geflüchteten als Bedrohung.


#aufstehn für eine menschenwürdige Asylpolitik

Im Jahr 2015 suchen viele Geflüchtete dauerhaft Schutz in Österreich. Die Politik kommt dem großen Andrang aber nicht hinterher: Es fehlt vor allem an menschenwürdigen Unterkünften.

Maria Mayrhofer möchte das ändern und gründet daraufhin #aufstehn. Bei der ersten Aktion “In unserer Gemeinde ist Platz!” können Menschen ihre Bürgermeister_innen ermutigen, Geflüchtete in der Gemeinde aufzunehmen. Fast 4.000 Menschen machen mit, vom Bodensee bis zum Neusiedlersee. Mit Erfolg: Politik und Zivilgesellschaft organisieren zahlreiche Unterkünfte für Geflüchtete in ganz Österreich.

Portrait von #aufstehn Gründerin und Co-Geschäftsführerin Maria Mayrhofer.

„Mit unserer ersten #aufstehn-Aktion haben wir bewiesen: Menschen können gemeinsam Veränderung bewirken. Als Zivilgesellschaft haben wir die Möglichkeit, nicht nur zu helfen, sondern zu gestalten.“

– Maria Mayrhofer, Gründerin und Co-Geschäftsführerin #aufstehn


3. Provokation und Überschreiten von Tabus

Lügen, Beleidigungen und Verschwörungstheorien: Rechtspopulist_innen provozieren absichtlich. Dadurch erhalten sie (mediale) Aufmerksamkeit. Dass diese nicht zwingend positiv ist, spielt keine Rolle, denn juristische Folgen gibt es kaum – die Themen von Rechtsextremen, wie z.B. der Identitären Bewegung Österreich, rücken durch diese Taktik aber in den Fokus (2).

Beispiel: Nazi-Begriffe

FPÖ Politiker_innen verwendet immer wieder Begriffe aus dem Nationalsozialismus – wie Volksverrat, Systemparteien oder Bevölkerungsaustausch. Und das in aller Öffentlichkeit (5). Dieses Verhalten wird zwar öffentlich kritisiert, ernsthafte Folgen gibt es aber keine (6). Was bleibt: Begriffe aus dem Nationalsozialismus, wie Volkskanzler, etablieren sich und die Themen der FPÖ bestimmen den Diskurs.

 

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Wenn Feindbilder zur Lösung werden: Rechtsextreme Rhetorik wird politischer Mainstream

Die beschriebenen Taktiken verwenden Rechtsextreme für alle möglichen Themen: Zum Beispiel um die Unterdrückung von Frauen zu rechtfertigen, z.B. mit der Herdprämie, ein Bonus für nur jene Frauen, die die Kinderbetreuung zu Hause selbst übernehmen. Oder, um die Bedrohung der Medienfreiheit (z.B. Angriff auf den ORF) zu rechtfertigen. Was eigentlich ein Angriff auf die Demokratie ist, tarnen sie als vermeintliche Lösung für ein Problem. Und die Strategie funktioniert: Das Programm von Rechtsextremen geht immer stärker in den politischen Mainstream über. Andere Parteien übernehmen Wordings, Themen und vermeintliche Lösungen (2). So forderte die FPÖ zum Beispiel den Stopp des Familiennachzugs – also, dass Geflüchtete mit positivem Asylbescheid Eltern, Geschwister und Kinder nach Österreich holen dürfen (7). Im Sommer 2025 stimmten auch ÖVP, SPÖ und NEOS diesem Verbot zu (8).

Rechtsextreme Parteien und ihre Ansichten sind eine Gefahr für die Demokratie. Umso wichtiger ist es, dass wir ihre Taktiken kennen – und ihre vermeintlichen Lösungen als das entlarven, was sie sind: hetzerisch, diskriminierend, menschenunwürdig.


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Quellen:
[1] Kontrast.at, 3. Juni 2025: Machtmissbrauch, Korruption und Spesenabrechnungen: Die neun größten FPÖ-Skandale
[2] Ruth Wodak für Aus Politik und Zeitgeschichte, bpb.de, 20. Oktober 2023: Rechtspopulistische Diskursverschiebungen
[3] Die Tagesschau, 21. August 2024: FPÖ setzt auf „Festung Österreich“
[4] FPÖ Bundesparteileitung, 5. März 2025: FPÖ präsentierte Online-Petition „Österreich schützen: Verbot des politischen Islam“
[5] Der Standard, 21. Jänner 2024: „Systemparteien“, „Volksverrat“, „Ketten brechen“ – Kickl und die Sprache der Nazis
[6] Die Presse, 23. August 2023: „Bildsprache der Nazis“: Massive Kritik an Video der FPÖ-Jugend
[7] Der Standard, 15. April 2025: Verlorene Zukunft: Was der Familiennachzugsstopp mit Betroffenen macht
[8] Österreichisches Parlament, 1. Juli 2025: Stopp für Familiennachzug: Hauptausschuss genehmigt Verordnung

Viola unterstützt das Team im Bereich Marketing und Presse – und sorgt dafür, dass möglichst viele Menschen von unseren Aktionen erfahren. Sie hat Digital Media Management studiert und zuvor u.a. in einem Ministerium und einer Agentur gearbeitet.